Berlin. . Neue Enthüllungen über den amerikanischen Geheimdienst NSA setzen den deutschen Kanzleramtschef Ronald Pofalla unter Druck. Seine Beruhigungs-Offensive zum Vorwurf ausufernder Überwachung durch Geheimdienste ist offenbar nach nur einer Woche verpufft. Hat er gelogen, wichtiges verschwiegen?
Gerade schien die Debatte über die US-Spähprogramme in Deutschland abzuflauen – jetzt haben die neuen Enthüllungen über einen weltweiten Zugriff von US-Geheimdiensten abermals Empörung in Berlin ausgelöst. Die Opposition forderte die Bundesregierung auf, für einen Stopp der „verfassungswidrigen Totalüberwachung“ in Deutschland zu sorgen.
Die Grünen warnten, die US-Lauschangriffe machten „jedermann zum Terroristen“. SPD-Innenexperte Thomas Oppermann warf Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) vor, er habe „offenbar nicht die ganze Wahrheit gesagt“.
Die Enthüllungen treffen die Bundesregierung in einem ungünstigen Moment. Erst vor einer Woche hatte Pofalla in einer Art Entlastungsoffensive vor den Geheimdienst-Kontrolleuren des Bundestags versucht, den Vorwurf ausufernder Überwachung durch Geheimdienste auszuräumen. Deutsche Nachrichtendienste hielten sich an Recht und Gesetz, auch die NSA betreibe keine Massen-Ausspähung, sagte Pofalla und legte eine entsprechende Erklärung des US-Geheimdienstes vor.
BND und Verfassungsschutz setzen die gleiche Software ein
Nur: Von XKeyscore war da gar nicht die Rede – dabei setzen auch Auslandsgeheimdienst BND und das Bundesamt für Verfassungsschutz dieses Programm ein, angeblich aber nur testweise. „Beunruhigend“ sei das, erklärte die SPD.
Mit dem Programm könne viel mehr überwacht werden, als bisher angenommen wurde – Pofalla habe das verschwiegen, die Regierung müsse für ein Ende der grundgesetzwidrigen Überwachung in Deutschland sorgen. FDP-Innenexpertin Gisela Piltz sagte, unter diesen Umständen sei ein Einsatz von XKeyscore durch deutsche Behörden „verfassungsrechtlich nicht vorstellbar“.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warnte, offenbar genüge es für den Terrorverdacht, dass ein Internetnutzer in Pakistan auf Deutsch kommuniziere – dabei könne es sich doch auch um einen deutschen Entwicklungshelfer handeln, der seiner Familie eine E-Mail schicke. Auf welche Funktionen von XKeyscore die deutschen Dienste derzeit zugreifen können, ist allerdings unklar. Pofalla ist für den 12. August erneut in das Parlamentarische Kontrollgremium geladen.