Kairo. Die Welt schaut besorgt auf Ägypten. Der Konflikt zwischen Gegnern und Anhängern des vom Militär gestürzten Präsidenten Mursi fordert immer mehr Menschenleben. UN und EU wollen in dem Konflikt vermitteln. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton plant für heute die ersten Treffen im Land.
Unter dem Eindruck des blutigsten Wochenendes in Ägypten seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi nehmen die internationalen Bemühungen um eine Beilegung der Krise zu. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wollte noch an diesem Montag in Kairo mit der Führung der Übergangsregierung und Vertretern der Muslimbruderschaft zusammenkommen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon drückte in einem Gespräch mit Übergangsvizepräsident Mohammed ElBaradei seine "tiefe Sorge" über den Kurs des Landes aus.
Am Wochenende waren in Ägypten bei Zusammenstößen zwischen Anhängern Mursis und Sicherheitskräften mindestens 80 Menschen ums Leben gekommen. Hunderte wurden verletzt. Beide Seiten machten sich gegenseitig für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.
Ashton will auch mit den Muslimbrüdern reden
In dem Telefonat mit ElBaradei am Sonntag verurteilte Ban die Gewalt scharf. "Jeder weitere Tote macht die langfristige Versöhnung schwerer", unterstrich der UN-Generalsekretär nach Mitteilung seines Büros.
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Ban habe ferner mit den Außenministern der Türkei und Katars sowie dem Generalsekretär der Arabischen Liga die Lage in Ägypten erörtert. Auch dabei habe er sich "tief beunruhigt" gezeigt und darauf hingewiesen, dass die ägyptischen Behörden "schnell ihre Anstrengungen zur Aufnahme eines ernsthaften integrativen politischen Prozesses verstärken müssen".
Ashton wollte am Montag in Kairo neben ElBaradei unter anderem auch Übergangspräsident Adli Mansur und Armeechef Abdel Fattah al-Sisi treffen. Auch Gespräche mit Vertretern der Muslimbruderschaft waren geplant. "Ich reise nach Ägypten, um alle Seiten zu treffen und um unsere Botschaft zu bekräftigen, dass es einen vollständig integrativen Übergangsprozess geben muss, der alle politischen Gruppen inklusive der Muslimbruderschaft einbezieht", erklärte Ashton am Sonntag vor ihrem Abflug nach Kairo.
Dieser Prozess müsse "so schnell wie möglich zu einer verfassungsmäßigen Ordnung, freien und fairen Wahlen und einer zivil geleiteten Regierung führen", so Ashton weiter.
Neues Dekret gibt dem Militär weitreichende Möglichkeiten
Mansur übertrug am Sonntag seinem Regierungschef Hasem al-Beblawi per Dekret die Befugnis, dem Militär die Verhaftung von Zivilisten zu erlauben. Praktisch bedeutet dies, dass Al-Beblawi dem Militär in künftigen Krisensituationen freie Hand geben kann, neben oder anstelle der Polizei Demonstranten oder Ruhestörer zu verhaften.
Bei den jüngsten Ausschreitungen in Kairo hatten Truppen der Bereitschaftspolizei auf islamistische Demonstranten gefeuert, die gegen die Absetzung Mursis am 3. Juli protestiert hatten.
Die Armeeführung und das Innenministerium haben mehrfach angekündigt, die Protestcamps der Muslimbrüder in Kairo räumen zu wollen, mit denen diese seit Wochen gegen Mursis Amtsenthebung demonstrieren. Mansurs Dekret könnte auch mit einer Beteiligung der Armee an einer solchen Räumungsaktion in Zusammenhang stehen. (dpa)