Kairo. Mehr als zwei Wochen nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi gehen die Unruhen in Ägypten weiter. Unterstützer und Gegner Mursis strömten am Freitag auf die Straßen und Plätze des Landes. Das Militär machte zuvor deutlich, dass es nur friedliche Proteste duldet.

Tausende Ägypter haben sich am Freitag im ganzen Land zu neuen Großdemonstrationen versammelt. Mehr als zwei Wochen nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi fordern dessen Anhänger weiterhin seine Freilassung aus der Militärhaft und seine Rückkehr ins Amt. Die Muslimbruderschaft, aus der Mursi stammt, rief ihre Gefolgschaft in der Hauptstadt Kairo auf, sich an einer von 18 vorbestimmten Moscheen einzufinden. Die Gegner der Islamisten trafen sich auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo.

Mursi war am 3. Juli nach Massenprotesten gegen seine Herrschaft vom Militär gestürzt worden. Seitdem sind bei Krawallen und Zusammenstößen mit Sicherheitskräften Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Das Militär setzte eine zivile Übergangsregierung ein, die das Land zu Neuwahlen in sechs Monaten führen soll. Mursi wird seit dem Umsturz an einem unbekannten Ort und ohne formelle Anklage festgehalten.

Mursi-Gegner unterstützen Plan für Neuwahlen

"Mursi ist unser Präsident", skandierten die Islamisten bei ihren Demonstrationszügen durch Kairo. "Das Ziel der heutigen Kundgebungen ist es, den Militärputsch zu beenden und die Unterstützer des Coups zur Änderung ihres Standpunkts zu bewegen", schrieb Essam al-Arian, ein Mitglied der Führung der Muslimbruderschaft, auf seiner Facebook-Seite.

Die Gegner der Islamisten versammelten sich auf dem Tahrir-Platz in Kairo. Sie wollten ihre Unterstützung für den Fahrplan zu Neuwahlen ausdrücken und dessen Umsetzung einfordern. Mit dem Höhepunkt der Kundgebungen wurde erst am Abend gerechnet. Im Fastenmonat Ramadan werden die meisten Ägypter erst nach dem Abendessen aktiv.

Militär will hart auf gewaltsame Proteste reagieren

Das Militär hatte angekündigt, die Sicherheitskräfte würden jeden Versuch, bei den Protesten Gewalt anzuwenden, mit aller Härte beantworten. In Kairo zeigte die Armee stärkere Präsenz als sonst. An manchen Stellen waren Panzer zu sehen. Truppen der Bereitschaftspolizei sicherten verstärkt den Präsidentenpalast und die Zugänge zum Tahrir-Platz.

Am Nachmittag donnerten mehrere Kampfjets über die Innenstadt von Kairo. Die Armeeführung bezeichnete die Demonstration der Stärke als Teil der Feierlichkeiten zum 10. Ramadan - nach dem islamischen Kalender der Jahrestag des Beginns des Oktober-Kriegs von 1973. Am 6. Oktober jenes Jahres hatte Ägypten überraschend Israel angegriffen und Teile der zuvor im Sechstagekrieg von 1967 verlorengegangenen Halbinsel Sinai zurückerobert.

"Die Schlacht um die Sicherheit bis zum Ende ausfechten"

Am Vorabend hatte sich Übergangspräsident Adli Mansur aus Anlass dieses Jahrestages zum ersten Mal seit seiner Einsetzung nach dem Umsturz direkt an die Nation gewendet. "Es gibt welche, die das Land ins Chaos stürzen wollen", sagte er in seiner Fernsehansprache. "Einige suchen einen blutigen Pfad. Aber es gibt keinen Weg zurück. Die Schlacht um die Sicherheit werden wir bis zum Ende ausfechten."

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Mansur ließ sich darüber nicht konkreter aus, wer oder welche Gruppen in Ägypten Chaos oder Blutvergießen anstreben würden. Zugleich bot er aber auch umfassende Aussöhnung an. "Gerechtigkeit und Aussöhnung stehen einem jeden offen, ausnahmslos und ohne jede Ausgrenzung."

UN will Menschenrechtslage nach Sturz prüfen

Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay kündigte indes an, einen Vertreter nach Kairo zu schicken, um die Menschenrechtslage nach dem Umsturz vor Ort zu beobachten. Ihr Hochkommissariat wünsche insbesondere detaillierte Informationen über den Status und Aufenthalt von Mursi sowie über Verhaftungen und Tötungen von Demonstranten zu erhalten, erklärte ein Sprecher Pillays am Freitag in Genf. Diesbezügliche Anfragen der UN-Institution vom 10. Juli habe die Führung in Kairo bislang nicht beantwortet, fügte er hinzu. (dpa)