Athen.. Nach dem Besuch von Augenärzten der Rentenkasse wurden 100 Bewohner der griechischen Insel als Betrüger enttarnt. Sie hatten jahrelang als vermeintlich Blinde Invalidenrente bezogen. Die Prüfer entdeckten auch 55 Personen, die Blindenrenten erhielten und zugleich den Führerschein besaßen.
Erst Zakynthos, dann Chios, jetzt Kalymnos: Wieder macht eine griechische Insel durch etwas von sich reden, das auf den ersten Blick wie ein Wunder erscheinen muss. Quasi über Nacht erlangten jetzt auf der Dodekanes-Insel Kalymnos, die bisher für ihre Schwammtaucher berühmt war, hundert Blinde ihr Sehvermögen zurück.
Die erstaunliche Genesung ist allerdings nicht einem Wunderheiler zu verdanken, sondern Augenärzten der staatlichen Rentenkasse IKA. Bisher bezogen 156 Bewohner von Kalymnos Invalidenrenten, weil sie angeblich blind waren. Im Juni besuchten Amtsärzte der Pensionskasse die Insel und baten die Blinden zum Sehtest. Vier drückten sich.
Auch Ärzte müssen mit Strafverfahren rechnen
Von den 152, die sich der Untersuchung stellten, waren nur 52 tatsächlich blind. Die restlichen 100 hatten teils seit Jahrzehnten unberechtigt Invalidenrenten kassiert. Er empfinde „Enttäuschung und Zorn“, sagte Arbeitsminister Giannis Vroutsis jetzt bei der Bekanntgabe der Untersuchungsergebnisse. Die Rentenbetrüger und jene, die ihnen mit falschen Attesten halfen, müssen jetzt mit Strafverfahren rechnen.
Erst im vergangenen Jahr hatten die Behörden auf der Ägäisinsel Chios einen ähnlichen Skandal aufgedeckt: 422 Einwohner bezogen dort Blindenrenten. Untersuchungen ergaben: 245 hatten gar keine nennenswerte Sehbehinderung. Seit etwa zwei Jahren machen die griechischen Pensionskassen Jagd auf Rentenbetrüger. IKA-Chef Rovertos Spyropoulos schätzt, dass sich die Betrüger in den vergangenen zehn Jahren Renten in Höhe von rund acht Milliarden Euro erschwindelt haben.
63.000 Phantomrenter
So stoppten die Kassen im vergangenen Jahr die Zahlungen an rund 63 000 „Phantomrentner“, die längst verstorben waren, während Hinterbliebene weiter die Renten kassierten. Besonders beliebt ist der Betrug mit Blindenrenten. So bezogen auf der Insel Zakynthos 700 Menschen Blindenrenten – über 500 von ihnen zu Unrecht, wie Untersuchungen ergaben. In den Skandal waren mehrere Augenärzte verwickelt, die für ein Honorar von rund 5000 Euro falsche Atteste ausstellten.
Früher wurde es den Betrügern leicht gemacht, weil die Behörden die ärztlichen Atteste ohne weitere Nachprüfungen akzeptierten. Erst angesichts der Finanzkrise und unter dem Druck der Troika wird jetzt genauer geprüft.
Blinde mit Führerschein
So stellten die Prüfer in der Provinz Pieria fest, dass dort 55 Personen Blindenrenten bezogen, gleichzeitig aber im Besitz eines Führerscheins waren. Im Athener Stadtteil Peristeri nahm die Polizei vergangenes Jahr einen 56-Jährigen fest, der angeblich seit 2007 völlig erblindet war. Die Fahnder trafen den Mann auf einem Wochenmarkt an, wo er einen Stand betrieb und gerade dabei war, Ware von seinem Kleinlaster abzuladen. Der „blinde“ Gemüsehändler besaß neben der Lkw-Fahrerlaubnis auch einen Motorradführerschein.