Athen. Berlin will sich angeblich mit rund 100 Millionen Euro am Kapital einer sogenannten Wachstums-Förderbank in Griechenland beteiligen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Dienstag aus Kreisen des Finanzministeriums in Athen. Schäuble wolle dies bei einem Kurzbesuch am Donnerstag in Athen bekanntgeben.
Bei seinem bevorstehenden Besuch in Athen will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) der griechischen Regierung einem Bericht zufolge einen Hilfskredit zur Wirtschaftsförderung anbieten. Schäuble wolle Athen 100 Millionen Euro für den Aufbau eines Förderfonds für kleine und mittlere Unternehmen zusagen, heißt es nach Informationen von dpa und "Handelsblatt" unter Berufung auf Finanzkreise. Das Geld solle von der staatlichen deutschen Förderbank KfW zur Verfügung gestellt werden.
Der neu zu gründende griechische Förderfonds soll dem Bericht zufolge nicht nur mit deutschem Geld, sondern auch mit Mitteln aus den EU-Strukturfonds gefüllt werden. Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) solle sich beteiligen. Der Fonds mit dem Namen "Institution for Growth" (Institution für Wachstum) solle zunächst rund 500 Millionen Euro verteilen können. Über einige Details werde aber noch verhandelt, schreibt die Zeitung. Schäuble wird am Donnerstag in Griechenland erwartet.
Parlament berät über Gesetz zur Entlassung von 15.000 Staatsmitarbeitern
Das griechische Parlament berät und entscheidet am Mittwoch über ein umstrittenes Gesetz, auf dessen Grundlage 15.000 Staatsbedienstete entlassen werden sollen. Die Abstimmung ist für den späten Abend vorgesehen. Die Billigung des Gesetzes könnte zu einer Zerreißprobe für die Koalitionsregierung unter dem konservativen Regierungschef Antonis Samaras und seinem Vize, dem Sozialisten Evangelos Venizelos, werden. Die Koalition hat nur noch eine knappe Mehrheit von 155 Abgeordneten im 300 Sitze zählenden Parlament.
Kurz vor dem Besuch von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Griechenland hat FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle die Regierung in Athen aufgefordert, ihre Reformversprechen zu halten. "So wie Europa zu seinen Zusagen steht, wird auch Griechenland wissen, dass es zu seinen Zusagen an die Troika stehen muss", sagte Brüderle der Zeitung "Die Welt" laut Vorabbericht. Griechenland habe bereits ein gutes Stück seines Reformweges zurückgelegt, dürfe aber in seinen Anstrengungen nicht nachlassen. Es gelte weiter, hart zu arbeiten, "um das Land wieder wettbewerbsfähig zu machen".
Ökonomen halten Schuldenschnitt für Griechenland für unausweichlich
Entgegen den bisherigen Dementis der Bundesregierung erwarten zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler einen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland. Jörg Rocholl, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwochsausgabe), er halte einen Schuldenschnitt für "unabwendbar". Der neue Schuldenschnitt würde vor allem die öffentlichen Gläubiger und damit die europäischen Steuerzahler treffen. Es handele sich um einen "deutlichen Milliardenbetrag." Dafür müsse Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der am Donnerstag nach Griechenland reist, in der mittelfristigen Finanzplanung Vorsorge treffen.
Beim ersten Schuldenschnitt im März 2012 waren vor allem private Gläubiger betroffen gewesen. Inzwischen halten öffentliche Gläubiger fast 230 Milliarden Euro, weit mehr als zwei Drittel der Schulden Griechenlands. Die Euro-Länder haben dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge 161 Milliarden Euro, die Europäische Zentralbank (EZB) 45 Milliarden Euro und der Internationale Währungsfonds (IWF) 22 Milliarden Euro Forderungen.
Auch das Weltwirtschaftsinstitut hält einen Schuldenschnitt für unausweichlich. "Griechenlands Verschuldung hat ein Niveau erreicht, das eine Sanierung der Staatsfinanzen ohne Hilfe von außen unmöglich macht, das ist nicht zu schaffen", sagte der IfW-Ökonom Henning Klodt der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Zeitung schreibt von neuer Finanzierungslücke
Befeuert werden könnte die Diskussion durch einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung", nach dem Griechenland eine neue Finanzierungslücke von bis zu zehn Milliarden Euro droht. Unmittelbar nach der Sommerpause müssten die Euro-Länder über die weitere Finanzierung des griechischen Hilfsprogramms entscheiden, sagte ein hoher Beamter der EU-Kommission der Zeitung. Allerdings sei vor der Bundestagswahl am 22. September nicht mit konkreten Antworten zu rechnen, wie das mögliche Loch gestopft werden könnte.
Der Freiburger Finanzwissenschaftler und "Wirtschaftsweise" Lars Feld warnte hingegen vor einer Diskussion über einen Schuldenschnitt. Das habe nur zur Folge, dass die Griechen aufhörten "zu reformieren und zu konsolidieren". Der griechische Konsolidierungsprozess gehe derzeit in eine entscheidende Phase, weil die Verkleinerung des aufgeblähten öffentlichen Dienstes anstehe. (dpa/rtr)