An Rhein und Ruhr. . Die Fahrgäste sind genervt von Verspätungen und unfreundlichem Personal. Das Fahrpersonal klagt seinerseits über eine Zunahme von Beschimpfungen und Übergriffen. Gewerkschafter kritisieren, dass die Beschäftigten den Kopf für das Spardiktat der Kommunalpolitik hinhalten müssen.
Gestresste Busfahrer treffen auf wütende Passagiere: Der Sparzwang im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) trübt das Klima in Bussen und Bahnen der Region. Kunden klagen über Verspätungen und unfreundliches Personal, Bus- und Straßenbahnfahrer über Anfeindungen bis hin zu Attacken von Fahrgästen. In mehreren Städten an Rhein und Ruhr versuchen Verkehrsunternehmen, etwa die Duisburger DVG oder die Essener Evag, mit Imagekampagnen gegenzusteuern.
„Die Zahl der Beschimpfungen und Übergriffe auf das Personal nimmt in den Betrieben zu“, sagte der Verdi-Gewerkschaftssekretär für Essen, Mülheim und Oberhausen, Rainer Sauer, der NRZ. „Die Stimmung beim Fahrpersonal in der gesamten Region ist auf dem Tiefpunkt. Es muss den Kopf hinhalten für das Spardiktat der Kommunalpolitiker auf die Verkehrstöchter.“
Bei Verspätungen fällt die Pause weg
In Oberhausen zum Beispiel haben mehrere Angriffe von Passagieren auf Mitarbeiter dafür gesorgt, dass der Betriebsrat der städtischen Verkehrstochter Stoag die Notbremse zog und sich mit einem öffentlichen Appell schützend vor die 350 Beschäftigten im Fahrdienst stellte. Seit dem jüngsten Fahrplanwechsel am 9. Juni habe sich der Prozentsatz der berechtigten Fahrgastkritik gegenüber früheren Wechseln deutlich erhöht, sagte Stoag-Betriebsratsvorsitzender Michael Stemmer. Die Mitarbeiter seien für die „chaotischen Zustände“ aber nicht verantwortlich. „Dass die Fahrgäste die Wut an unseren Leuten auslassen, geht gar nicht.“
Die Arbeitnehmer klagen über Leistungsverdichtung, bis zu acht Tage Mehrarbeit im Jahr, längere Schichtzeiten und wegen Verspätung ausfallende Pausen. Stemmer: „Die Grenze der Würde der Menschlichkeit ist überschritten.“ Die Geschäftsführung hält dagegen, sie halte sich Gesetz und Tarifvertrag. Hintergrund: Die hoch verschuldete Stadt Oberhausen hat die Stoag verpflichtet, jährlich insgesamt 3,5 Millionen Euro einzusparen. Das Unternehmen hat als Folge das Liniennetz weiter ausgedünnt.
"Gespart wird beim Fahrpersonal und bei den Löhnen"
Klagen der Nahverkehrs-Beschäftigten „sind kein Oberhausener Phänomen“, sagte Christine Behle, Verkehrsexpertin im Verdi-Bundesvorstand. „Es gibt eine unglaubliche Arbeitsverdichtung. Dienstpläne werden immer enger gestrickt. Die Arbeitszeiten werden länger, die Erholungszeiten kürzer. Gespart wird beim Fahrpersonal und bei den Löhnen.“
Die Länder müssten umsteuern, so Behle. So habe auch NRW entsprechende Gelder des Bundes aus der Föderalismusreform II nicht an die Kommunen weitergeleitet. Zudem sei die Finanzierung des ÖPNV durch Bundes- und anschließende Länderprogramme nur bis zum Jahr 2019 gesichert.