Berlin. Gesundheitsminister Bahr will alles tun, um eine Masern-Impflicht zu vermeiden. So solle schon bei Kita-Eintritt der Impfstatus erfragt werden und nicht wie bisher vor der Einschulung. Und der Arzt und Komiker Eckard von Hirschhausen hält Masern-Partys gar nicht für komisch.

Angesichts der gehäuften Masernfälle in Deutschland will Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) den Impfstatus von Kindern bereits mit Eintritt in Kindergarten oder Kita prüfen lassen. Zudem solle es mehr Geld für die Aufklärung geben, sagte er in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

"Noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir mit den genannten Maßnahmen an einer Impfpflicht vorbei kommen", betonte der Minister. In der DDR gab es bereits eine Impfplicht ebenso in Großbritannien und den USA. Und Bahr ist sich sicher: "Wenn es in den nächsten Jahren nicht gelingt, die Masern in Deutschland auszurotten, wird an der Debatte über eine Impfpflicht kein Weg vorbei führen." Das werfe jedoch schwierige rechtliche Fragen auf. "Was mache ich mit denjenigen, die sich weigern, sich oder ihre Kinder impfen zu lassen?" Nach einer Schätzung des Robert Koch-Instituts sind in diesem Jahr bereits über 1200 Menschen an Masern erkrankt.

Eckart von Hirschausen hält Masern-Partys für Körperverletzung

Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet nach den Worten Bahrs bereits an einer Regelung, den Impfstatus künftig schon bei der Aufnahme von Kindern in Kita oder Kindergarten abzufragen und nicht wie bisher erst vor der Einschulung. Drei Viertel der Deutschen (76 Prozent) plädieren einer Emnid-Umfrage zufolge dafür, dass Kinder nur dann Schulen oder Kitas besuchen dürfen, wenn sie gegen Kinderkrankheiten wie Masern geimpft sind. Das Institut TNS Emnid hatte am 17. und 18. Juli 1003 repräsentativ ausgewählte Menschen befragt.

Auch der Arzt und Komiker Eckart von Hirschhausen wirb für das Impfen: "So wie es beim Sicherheitsgurt selbstverständlich ist, eine Schutzmaßnahme verbindlich zu machen, wenn die Folgekosten die Solidargemeinschaft trägt, so macht Impfen für alle bei Masern sehr viel Sinn", schreibt er in der "taz.de". Wer sich aus der kollektiven Verantwortung stehle, müsse aus Gemeinschaftseinrichtungen ausgeschlossen werden. Masernpartys, bei denen ungeimpfte Kinder mit masernkranken zusammenkommen, seien "vorsätzliche Körperverletzung".

Der Begriff Kinderkrankheiten verharmlose die Gefahr, erklärte Elisabeth Thomas von der DAK-Gesundheit. "Es handelt sich um ernsthafte Erkrankungen, die schwerwiegende Folgen haben können, bis hin zum Tod." Gefährdet seien vor allem junge Erwachsene ohne ausreichenden Impfschutz. So dürften etwa die hochansteckenden Masern nicht auf die leichte Schulter genommen werden: "Noch nach vielen Jahren können Spätfolgen wie Gehirnhautentzündungen oder Behinderungen auftreten."

In Erftstadt bei Köln musste vor kurzem eine Waldorfschule geschlossen bleiben, nachdem dort mehrere Schüler an Masern erkrankt waren. Auch in Berlin und Bayern haben sich in diesem Jahr bereits Masern-Fälle gehäuft. (dpa)