Kairo. Die Anhänger des gestürzten ägyptischen Präsidenten Mursi besetzten eine wichtige Brücke über den Nil. Die Polizei vertreibt sie mit Tränengas und Gummigeschossen. Wieder fließt Blut in Kairo. Die USA schickten Vize-Außenminister William Burns zu Gesprächen mit der Übergangsregierung.
Bei Zusammenstößen zwischen Anhängern des gestürzten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi und der Polizei sind in Kairo erneut mehrere Menschen ums Leben gekommen. Zehntausende Anhänger der Muslimbruderschaft waren in der Nacht zum Dienstag in Kairo und anderen Städten des Landes auf die Straße gegangen. Starke Polizeiaufgebote verhinderten in der Hauptstadt Kairo, dass die Anhänger des Islamisten Mursi wichtige Verkehrsnotenpunkte besetzten. Bei den Krawallen wurden in ganz Kairo nach ersten Angaben sieben Menschen getötet und 261 weitere verletzt, wie der ägyptische Ambulanzdienst mitteilte.
Die heftigsten Auseinandersetzungen spielten sich im Umkreis der 6.Oktober-Brücke ab, wie die Tageszeitung "Al-Ahram" berichtete. Mursi-Anhänger hatten die Brücke, die über den Nil führt, mit Lastwagen und brennenden Autoreifen blockiert. Die Polizei ging mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Demonstranten vor. Diese warfen Steine gegen die Sicherheitskräfte. Noch vor Mitternacht war die Brücke geräumt und wieder für den Verkehr geöffnet. Rund 40 Personen wurden nach Medienangaben festgenommen.
Protestcamp mit Tausenden Zelten
Die Bewegung der Muslimbruderschaft, aus der Mursi stammt, will ihre Anhänger so lange demonstrieren lassen, bis der gestürzte Präsident wieder im Amt ist. In einem Protestcamp im Osten von Kairo haben tausende Mursi-Anhänger ihre Zelte aufgeschlagen. Tausende Gegner der Herrschaft Mursis versammelten sich am Montagabend auf dem Tahrir-Platz unweit der Zusammenstöße. Das ägyptische Militär hatte Mursi am 3. Juli abgesetzt, nachdem Massenproteste gegen seine islamistische Herrschaft und blutige Ausschreitungen das Land erschüttert hatte.
Indes traf erstmals seit dem Umsturz ein hochrangiger Vertreter der US-Regierung in Kairo ein. Der stellvertretende Außenminister William Burns rief die Akteure in dem tief gespaltenen Land zu Dialog und Gewaltverzicht auf. "Wir werden nicht versuchen, irgendein Modell aufzuzwingen", erklärte Burns am Montag in Kairo. Washington lege aber Wert auf "gewisse demokratische Prinzipien". Die Aufforderung, die aktuelle Staatsführung und die Anhänger Mursis sollten sich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen, verhallte zunächst ohne erkennbare Wirkungen. Burns traf sich am Montag mit Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi, der als neuer starker Mann in Kairo gilt, sowie mit Übergangspräsident Adli Mansur und Regierungschef Hasem Al-Beblawi.
USA verlangen Freilassung Mursis
Der amerikanische Nahost-Diplomat wollte bis Dienstag in der Nil-Metropole bleiben. Die USA verlangen - wie Deutschland - die Freilassung Mursis. Dieser wird seit seiner Entmachtung vom Militär an einem unbekannten Ort und ohne formelle Anklage festgehalten.
Machtkampf in Ägypten
Die USA unterstützen Ägypten mit jährlichen Hilfen in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar. Davon sind 1,3 Milliarden Dollar für das Militär bestimmt. Die USA haben bislang nicht entschieden, ob sie Mursis Absetzung durch das Militär als Putsch ansehen. Diese Bewertung hätte ein Einfrieren von militärischer und wirtschaftlicher US-Hilfe zur Folge.
Das ägyptische Militär hatte Mursi am 3. Juli, etwa ein Jahr nach dessen Amtsantritt, gestürzt. Die neue ägyptische Führung arbeitet derzeit an einem Plan für die Übergangszeit bis hin zu Neuwahlen. Ministerpräsident Al-Beblawi will am Dienstag oder Mittwoch seine vollständige Regierungsmannschaft vorstellen. Die Parlamentswahl hat Übergangspräsident Mansur für Anfang 2014 angekündigt. (dpa/afp)