Moskau. Der Kremlgegner Alexej Nawalny ist wieder auf freiem Fuß. Ein russisches Gericht in der Stadt Kirow setzte die Untersuchungshaft am Freitag aus, bis das Straflager-Urteil gegen den Oppositionellen rechtskräftig ist.

Nach spontanen Protesten in vielen russischen Großstädten gegen seine Inhaftierung ist der bekannte Kremlgegner Alexej Nawalny am Freitag wieder freigelassen worden. Moskaus Generalstaatsanwaltschaft hatte nach den Demonstrationen in Moskau und anderen Städten eine Beschwerde gegen die Inhaftierung angekündigt.

Das Gericht in der Stadt Kirow setzte die Untersuchungshaft am Freitag aus, bis das Straflager-Urteil gegen den Oppositionellen rechtskräftig ist. Die Sitzung aus dem Gerichtssaal wurde von der offiziellen Agentur rapsinews.ru im Internet übertragen.

Damit soll dem 37 Jahre alten Anwalt die Teilnahme an der Bürgermeisterwahl in Moskau am 8. September ermöglicht werden. Das Urteil selbst wurde nicht infrage gestellt. Nawalny war am Donnerstag in Kirow, 900 Kilometer nordöstlich von Moskau, wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Richter Sergej Blinow hatte den Oppositionspolitiker noch im Gerichtssaal verhaften lassen. Daraufhin stürmten landesweit Tausende Menschen auf die Straße, um gegen Justizwillkür in Russland zu protestieren. Es gab allein in Moskau und St. Petersburg mehr als 100 Festnahmen unter den Tausenden Demonstranten.

Alexej Nawalny, Kämpfer gegen Korruption und Vetternwirtschaft

Alexej Nawalny wird in der russischen Bevölkerung als Kämpfer gegen Korruption und Vetternwirtschaft geschätzt. Er hat mehrfach gezeigt, dass er Massen mobilisieren kann. Deshalb werde nun ein übergeordnetes Gebietsgericht in Kirow - rund 900 Kilometer nordöstlich von Moskau - über die Haftbeschwerde entscheiden. Nawalny soll 2009 als Berater eine staatliche Holzfirma betrogen und sich so umgerechnet 400 000 Euro erschlichen haben.

Nawalnys Stab hatte schon vor der Freilassung angekündigt, dass er in diesem Fall als Kandidat an der Bürgermeisterwahl in Moskau für den 8. September weiter teilnehmen werde. Der Urnengang gilt als wichtiger Stimmungstest für das russische Machtlager sowie für Amtsinhaber Sergej Sobjanin. Eine Zulassung von Alexej Nawalny zur Abstimmung soll dazu beitragen, dass der Urnengang mit einem absehbaren Sieg von Sobjanin am Ende als legitim anerkannt wird, wie Kommentatoren betonen.

Wahl-Chancen von Oppositionspolitiker Alexej Nawalny sind aussichtslos

Anders als Sobjanin hat Nawalny weder die Unterstützung der vom Kreml beherrschten Staatsmedien noch das Machtlager hinter sich. Die Chancen des Oppositionspolitikers bei der Wahl gelten deshalb als aussichtslos. Beobachter kritisierten allerdings zudem viele Verfahrensmängel in dem Prozess gegen ihn "ohne einen einzigen Beweis".

Menschenrechtler und Vertreter der Bundesregierung sprachen im Fall Nawalny von einem "Schauprozess" und einem neuen Beispiel für politische Willkürjustiz in Russland. Deutsche und die Europäische Kommission sowie die USA kritisierten das Urteil. Richter Blinow sprach dagegen von einem "Verbrechen". Sein Angeklagter Nawalny weist die Vorwürfe als politische Inszenierung des Kreml zurück. (dpa)