Washington/San Francisco. . Der Flug eines Passagierjets aus Seoul endete in San Francisco mit einer Bruchlandung. Über 300 Menschen überlebten das schwere Unglück auf dem Flughafen. Einer davon, der Samsung-Manager David Eun, twitterte unmittelbar nach dem Crash das erste Foto.
Zwei Tote, 50 zum Teil schwer Verletzte und 255 Passagiere, die mit leichteren Blessuren oder dem Schrecken davon gekommen sind - das ist (Stand 7. Juli/0 Uhr US-Ostküstenzeit) die vorläufige Bilanz des schweren Unglücks auf dem Flughafen vom San Francisco. Eine Boeing 777 der südkoreanischen Fluggesellschaft Asiana war am Samstagmittag aus Schanghai und Seoul kommend beim Anflug auf die kalifornische Metropole bei besten Wetterverhältnissen vor der Rollbahn mit Fahrwerk und Heck aufgekommen und in Brand geraten. Die Ursachen der Bruchlandung sind noch unbekannt. San Franciscos Bürgermeister Edwin Lee sprach von einem „unglaublichen Wunder“, dass so viele Passagiere überlebten.
Erschreckende Bilder von der Unglücksstelle
Die ersten Bilder vom Unfallort ließen das Allerschlimmste befürchten. Über der Landebahn 28 L des Flughafens von San Francisco schraubte sich ein zehn Stockwerke hoher, schwarzer Rauchpilz in den blauen Himmel. Die Boeing 777 vom Flug OZ 214, vor sechs Jahren in Dienst gestellt, lag abseits der Piste ohne Fahrwerk auf dem „Bauch“. Das Heck - komplett abgetrennt. Die Kabinendecke hinter dem intakt geblieben Cockpit - verkokelt und meterlang aufgerissen wie eine Sardinen-Dose. Jamie Cruz (28), die zur Unglückszeit gemeinsam mit anderen „Planespottern“ in der Nähe den Himmel nach hereinkommenden Fliegern absuchte, war sich im Gespräch mit einem Lokalradio im ersten Moment sicher: „Da werden sehr viele Menschen sterben.“ Sie irrte, zum Glück.
Schweres Flugzeug-Unglück
Durch den Nachrichten-Schnelldienst Twitter erfuhr Amerika, dass wie durch ein Wunder der überwiegende Teil der 291 Passagiere und 16 Crew-Mitglieder, die meisten darunter Chinesen, Koreaner und Amerikaner, den Crash überlebt hatte. Am schnellsten war David Eun, Vielflieger und Manager bei dem in Seoul ansässigen Handy-Riesen Samsung. „Ich bin gerade in SFO bruchgelandet“, schrieb der Mittvierziger kurz nach der Katastrophe. „Heck abgerissen. Den meisten scheint es gut zu gehen. Mir geht's gut. Surreal.“ Eun setzte das erste Foto, aufgenommen mit dem Handy natürlich, von der noch brennenden Maschine ab. Darauf zu sehen: äußerlich unversehrte Passagiere, die mit Handgepäck das Weite suchen. Später ergänzte der Geschäftsmann: „Feuerwehrleute und Retter überall. Sie holen jetzt die Verletzten raus. So habe ich mich seit dem 11. September 2001 nicht mehr gefühlt.“
<blockquote class="twitter-tweet"><p>Fire and rescue people all over the place. They're evacuating the injured. Haven't felt this way since 9/11.… — <a href="https://t.co/xgWDVbkOyR">https://t.co/xgWDVbkOyR</a></p>— David Eun (@Eunner) <a href="https://twitter.com/Eunner/statuses/353595011973120001">July 6, 2013</a></blockquote>
<script async src="http://platform.twitter.com/widgets.js" charset="utf-8"></script>
Der Versuchung, dem stundenlang live berichtenden und verzweifelt nach harten Fakten fahndenden Fernsehsender CNN Augenzeugenschaft abzulegen, widerstand Eun. „Ich will nicht vom Absturz ablenken“, twitterte er. Anders dagegen Facebook-Managerin und Frauenbuch-Autorin Sheryl Sandberg. Ungefragt ließ die kapriziöse Mitstreiterin von Mark Zuckerberg verlauten, dass sie beinahe auch in der Unglücksmaschine gesessen hätte - letztlich aber auf einen anderen Flug umgebucht habe.
"Wir waren zu früh zu tief"
Rund 250 Menschen an Bord der Unglücksmaschine, so gab Feuerwehr-Chefin Joanna Hayes-White am Abend bekannt, kamen nach dem Crash offenbar über die Notrutschen in Sicherheit; allein oder mit Hilfe der knapp 220 Einsatzkräfte. Insgesamt 180 Fluggäste mussten sich in ärztliche Obhut begeben. Knapp 50 davon, darunter elf Kinder, zogen sich massive Brüche, Verbrennungen und innere Verletzungen zu. Mindestens zehn Menschen kämpften am Samstagabend im „General Hospital“ der Westküsten-Stadt und weiteren Krankenhäusern in der Bay Area um ihr Leben. Über 120 Menschen überstanden das Unglück gänzlich unverletzt. Darunter der Chinese Ge Gam, seine Frau und seine zwölfjährige Tochter. „Wir haben einfach nur Glück gehabt“, war der Software-Ingenieur am Ende den Tränen nahe.
Auch interessant
Die Maschine vom Typ Boeing 777 gilt unter Branchenkennern als überdurchschnittlich sicher. Viele US-Fluggesellschaften setzen sie zwischen Asien und der Westküste auf der Langstrecke ein. Die US-Transportsicherheitsbehörde setzte unmittelbar nach der Unglücksnachricht ein Experten-Team aus Washington in Marsch. NTSB-Chefin Debbie Hersman warnte vor voreiligen Schlüssen über die Unglücksursache. Den Hergang der Katastrophe exakt nachzuzeichnen, werde vermutlich Wochen dauern, wenn nicht Monate. Die Bundespolizei FBI schloss unterdessen einen kriminellen oder gar terroristischen Hintergrund aus.
"Das Fahrwerk ist gegen irgendwas gekracht"
Benjamin Levy erlebte die Schreck-Minuten an Bord so. „Alles war gut, bis kurz vor der Landung“, sagte er dem Sender NBC. „Aber wir waren zu früh zu tief. Der Pilot wollte dann noch beschleunigen, aber es war schon zu spät.“ Von draußen betrachtet, so berichtete Mike Murphy dem „San Francisco Chronicle“, hatte die Maschine vor der Landung schwere Schieflage. „Das Heck war viel zu weit unten“, sagte der 54-Jährige. „Dann ging alles sehr schnell.
Das Fahrwerk ist gegen irgendwas gekracht. Dann gab es einen Knall und man sah Feuer an der Unterseite. Der Jet schlitterte führungslos über die Rollbahn, schleuderte sogar wie ein Kreisel um die eigene Achse und stand im Nu in Flammen.“ Den 25 Kilometer vor der Stadt gelegene Airport, der stundenlang gesperrt war, traf die Katastrophe unvorbereitet. Nach Angaben der Ermittler hatten die Piloten bis zuletzt keinen Notruf abgesetzt.
Umso größer war die Erleichterung bei Mark Schimmel. Sein Sohn David sollte mit der Maschine von einem Kampfsport-Wettbewerb in Südkorea zurückkehren. Binnen weniger Minuten hatten sich Vater und Sohn im Chaos via Handy gefunden. „Ich war so nervös, jetzt ist die Erleichterung kaum in Worte zu fassen“, sagte der Unternehmer, als er seinen Sprössling in die Arme schloss.