Kairo. . Ein erfahrener Verfassungsrichter, aber ohne politische Erfahrung: Adli Mansur steht seit dem Putsch in Ägypten plötzlich im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit. Er soll das Land bis zu den kommenden Wahlen führen.
Schneller hat am Nil wohl noch niemand Karriere gemacht: Seit der Oberbefehlshaber von Ägyptens Streitkräften, General Abdel Fattah al-Sissi, am Mittwochabend seinen „Fahrplan für die Zukunft“ verkündete, steht mit Adli Mansur plötzlich ein Mann im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit, der sein Leben lang in der zweiten Reihe gearbeitet hat.
Seit Jahren war er einer der drei Vizepräsidenten des Höchsten Gerichts Ägyptens. In dieser Funktion war er beteiligt an der Auflösung des ersten demokratisch gewählten Parlaments im Juni 2012. Auch schrieb er bei dem Urteil des Verfassungsgerichtes mit, welches Verfassungsgebende Versammlung und Shura-Rat, die zweite Kammer des Parlaments, im Nachhinein für verfassungswidrig erklärte und so das von Muslimbrüdern und Salafisten durchgepeitschte Grundgesetz endgültig delegitimierte.
Mit diesen Entscheidungen etablierte sich das Verfassungsgericht im Institutionengefüge des ägyptisches Staates rasch zum wichtigsten Gegenspieler des islamistischen Präsidenten. Kein Wunder also, dass nicht nur die Rebellenbewegung „Tamarod“ und die „Nationale Rettungsfront“ der Oppositionsparteien sondern auch die Militärführung auf die Idee kamen, die Geschicke Ägyptens zunächst in die Hand des Obersten Richters am Nil zu legen.
Praktische politische Erfahrung allerdings hat der 1945 geborene Adli Mansur nicht. Er studierte in Kairo Jura und Verwaltungswissenschaft, graduierte 1977 an der „École nationale d’administration“ in Frankreich und arbeitete beim ägyptischen Staatsrat, der die Verwaltungsgerichte überwacht. 1992 wurde er von Hosni Mubarak zum Verfassungsgericht berufen und ist heute mit mehr als 20 Jahren Berufspraxis der erfahrenste Verfassungsrichter Ägyptens.