Berlin. Die Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht hat mit ihrer Aussage, Jugendliche aus Deutschland sollten bei Ausbildungsplätzen Vorrang vor Jugendlichen aus den südeuropäischen Krisenstaaten erhalten, Kritik geerntet. Nicht nur von SPD und Grünen, sondern auch aus der eigenen Partei.

In der Linkspartei gibt es unterschiedliche Ansichten über den Umgang mit der Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Parteivize Sahra Wagenknecht sagte der Zeitung "Welt" vom Montag, deutsche Jugendliche sollten bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen Vorrang vor Jugendlichen aus südeuropäischen Krisenstaaten haben. Linken-Fraktionsvize Dietmar Bartsch widersprach ihr: Es gebe eine "deutsche Verantwortung" auch für arbeitslose Jugendliche in Griechenland oder Spanien.

Wagenknecht hatte sich zu den Vorschlägen der Bundesregierung geäußert, Lehrstellen an Jugendliche aus Südeuropa zu vergeben. Bevor "Talente aus anderen Ländern" abgeworben würden, müsse eine Ausbildungsoffensive in Deutschland starten.

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Sie verwies auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, nach denen im Mai knapp eine Million Menschen zwischen 15 und 35 Jahren arbeitslos war. Die Hälfte von ihnen hatte keine abgeschlossene Berufsausbildung.

Die Einladung von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) an junge Südeuropäer, in Deutschland eine Ausbildung zu beginnen, sei "eine Ohrfeige für Hunderttausende junge Menschen, die in Deutschland leben und von denen viele nie eine Chance bekommen haben", sagte Wagenknecht.

Bartsch widerspricht

Rösler hatte am Wochenende an junge Menschen in den südlichen Krisenstaaten appelliert: "Kommt nach Deutschland! Macht bei uns eine Berufsausbildung." In der deutschen Wirtschaft gebe es zehntausende freie Ausbildungsplätze. Vergangene Woche hatten die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit beschlossen, am Mittwoch findet im Kanzleramt eine europäische Konferenz gegen Jugendarbeitslosigkeit statt.

Bartsch sagte der "Mitteldeutschen Zeitung" (Dienstagsausgabe) zu den Äußerungen Wagenknechts: "Wir werden nicht arbeitslose Jugendliche gegeneinander ausspielen." Die Politik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe "die chaotischen Verhältnisse in den südeuropäischen Ländern hervorgebracht. Es gibt daher auch eine deutsche Verantwortung".

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Linken-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn sagte am Montag, gebraucht werde eine "Doppelstrategie". Neben einem europaweiten Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit müsse es eine Ausbildungsoffensive "für die verlorene Generation" in Deutschland geben.

Es wäre "schon viel gewonnen", wenn hierzulande wenigstens die 500.000 Jugendliche ohne Ausbildung innerhalb der nächsten vier Jahre eine Ausbildungs-Perspektive bekämen, sagte Höhn. Die Situation auf dem deutschen Ausbildungsmarkt sei "nicht so rosig, wie sie Herr Rösler malt". In keinem Jahr seit der Wiedervereinigung sei es gelungen, allen Schulabgängern einen Ausbildungsplatz anzubieten.

Kritik an Wagenknecht von Grünen und SPD

Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer sagte dem "Tagesspiegel", Wagenknecht befinde sich "auf dem völlig falschen Dampfer". Es sei sinnvoll, Jugendliche aus Europa hier eine Ausbildung machen zu lassen.

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil warnte in der Zeitung vor einem "nationalistischen Zungenschlag" in der Debatte. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa ermögliche es jedem, sich einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu suchen. Nötig sei vor allem eine wachstumsorientiert Politik in Europa, damit in den Krisenländern Arbeitsplätze entstehen könnten.