Berlin. Der Chef des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Tschimpke, bezeichnet die Wahlprogramme der großen Parteien als "unterbelichtet". Er habe viele Widersprüche beim Thema Umweltschutz festgestellt. Das Scheitern des Umweltgesetzbuches sei ein Versagen der Politik.

Der Chef des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Olaf Tschimpke, hat die Wahlprogramme der Parteien im Bereich des Umweltschutzes als widersprüchlich bezeichnet. Es handle sich im Wesentlichen um Einzelmaßnahmen, die teilweise in anderen Teilen der Programme entkräftet würden, sagte Tschimpke im Interview mit der Nachrichtenagentur ddp. Als Beispiel nannte Tschimpke die Union, die einerseits umweltverträgliche Mobilität fordere und sich andererseits nicht auf ein Tempolimit festlegen wolle. Als drängendstes Problem im Bereich des Umweltschutzes bezeichnete Tschimpke den Schutz der biologischen Vielfalt.

Programme seien generell "unterbelichtet"

Der Präsident des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu), Olaf Tschimpke, kritisiert vor der Bundestagswahl die Programme der Parteien. Ende 2008 hatte der Nabu Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) mit dem
Der Präsident des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu), Olaf Tschimpke, kritisiert vor der Bundestagswahl die Programme der Parteien. Ende 2008 hatte der Nabu Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) mit dem "Dinosaurier des Jahres" ausgezeichnet. Glos erhielt Deutschlands peinlichsten Umweltpreis, weil er sich trotz aller Warnungen vor den ökonomischen Folgen des Klimawandels als hartnäckiger Bremsklotz beim Umweltschutz hervorgetan habe. (ddp) © ddp

Er kritisierte, dass das Thema Naturschutz in den Programmen generell «unterbelichtet» sei. «Wenn wir unsere Ökosysteme ruinieren, wird es keine Ökonomie mehr geben», betonte Tschimpke. Einzig die Grünen hätten zumindest versucht, ein ganzheitliches Programm zu formulieren, das ökologische Belange in allen Bereichen einbeziehe.

Skeptisch zeigte sich Tschimpke hinsichtlich des Vorhabens von Union und FDP, auf freiwillige Vereinbarungen zu setzen. «Partnerschaftliche Konzepte und Vertragsnaturschutz funktionieren erstens nur, wenn es auch einen ordnungsrechtlichen Rahmen gibt. Und zweitens, wenn die Finanzierung geklärt ist», sagte Tschimpke und kritisierte, dass diese beiden Fragen weiterhin offen seien. Das Ziel, den Artenschwund in Deutschland bis 2010 zu stoppen, weit verfehlt worden, bemängelte Tschimpke.

Kritik am Flächenverbrauch

Der Nabu-Chef kritisierte ferner den hohen Flächenverbrauch in Deutschland. Zwar sei beschlossen, den Verbrauch bis 2020 von derzeit etwa 109 auf 30 Hektar pro Tag zu senken. «Tatsächlich fehlen aber vollständig die Instrumente und auch der politische Wille, das umzusetzen», kritisierte Tschimpke und fügte hinzu: «Wir haben alle Regierungskonstellationen von Rot-Grün bis Schwarz-Gelb hinter uns und in den Ländern regieren sie alle.» Passiert sei trotzdem nichts, ergänzte er. Der NABU-Chef räumte ein, der von der SPD vorgeschlagene Zertifikatehandel sei eine gute Idee. Eigentlich bräuchte es aber grundlegende Veränderungen im Baurecht und im Steuersystem.

Das Scheitern des Umweltgesetzbuches bezeichnete Tschimpke als Versagen. «Einheitliche Genehmigungsregeln würden sowohl den Unternehmen helfen als auch den Behörden», sagte er. Er kritisierte insbesondere die Union. Die CSU habe das als erstes Wahlkampfmittel genommen, um sich gegenüber der CDU abzusetzen. «Da ging's ja gar nicht mehr um inhaltliche, sondern allein um parteitaktische Fragen», bemängelte Tschimpke. (ddp)