Berlin. Das Verteidigungsministerium gibt den beteiligten Unternehmen eine Mitschuld am Debakel um die Eurohawk-Drohne. In einem internen Bericht rechtfertigt sich das Ministerium, man habe dem Urteil der Firmen vertraut. Die Entscheidung über das Aus der Drohne sei nicht verschleppt worden.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) behält sich in der "Euro-Hawk"-Affäre personelle Konsequenzen vor. In einer am Mittwoch in Berlin vorliegenden schriftlichen Bewertung zum Scheitern des Drohnenprojekts kündigte er aber zunächst weitere Prüfungen an. "Im Lichte dieser gesamten Prüfungsergebnisse behalte ich mir personelle Konsequenzen vor", heißt es in der Bewertung.

Das Bundesverteidigungsministerium hat sich in einem internen Bericht für die lange Prüfung des Drohnenprojekts gerechtfertigt. In einem 67-seitigen Bericht mit Anhang, der am Mittwoch dem Verteidigungsausschuss übergeben wurde, wird zum einen den beteiligten Firmen Northop Grumman und EADS eine Mitverantwortung für das gescheiterte Projekt gegeben. Zum anderen wird dokumentiert, wie das Verteidigungsministerium seit dem ersten Hinweisen auf die fehlende Zulassung für den deutschen Luftraum agierte.

Verteidigungsminister Thomas de Maiziere muss sich am (heutigen) Mittwoch zunächst im Verteidigungs- und dann auch im Haushaltsausschuss des Bundestages dafür rechtfertigen, dass die Bundeswehr mehr als eine halbe Milliarde Euro für das Drohnen-Projekt ausgegeben hat, der "Eurohawk" aber nun nicht fliegen wird. Er hatte zugesagt, diesen Bericht bis zum 5. Juni vorzulegen. Die Opposition hatte kritisiert, dass das Verteidigungsministerium den Bericht erst zur Ausschusssitzung selbst vorlegte und frühere Informationen verweigert habe.

Ministerium vertraute dem Urteil von Unternehmen

In dem Reuters vorliegenden Bericht wird darauf hingewiesen, dass die Verweigerung der Zulassung wegen des nicht vorhandenen Antikollisionssystems der Aufklärungsdrohne so klar nicht absehbar gewesen sei. Mit Hinweis auf ein seit 2006 abgestimmtes Verfahren seien "sämtliche Risiken als akzeptabel (vergleichbar zur bemannten Luftfahrt) durch die Deutsche Flugsicherung und das Bundesverteidigungsministerium eingestuft" worden, heißt es. "Es wurde davon ausgegangen, dass bei so renommierten, international anerkannten Luftfahrtunternehmen wie Northrop Grumman und insbesondere der EADS Deutschland keine Unklarheiten über den Umfang und die Qualität von Musterprüfungen bestehen würden", heißt es zudem.

In einer detaillierten Auflistung über die Geschichte des Projektes wird zudem versucht zu erklären, wie sich die Zweifel verstärkt hatten. Politisch entscheidend ist die Phase zwischen Februar 2012 und Mai 2013, weil die Opposition de Maiziere vorwirft, hier eine Entscheidung über den Abbruch des Projektes verschleppt zu haben. Dies betrifft den 28. Februar 2012, als die Staatssekretäre des Verteidigungsministeriums von den Zweifeln der Fachebene unterrichtet wurden, dass der "Eurohawk" überhaupt würde fliegen dürfen. Danach wurde laut Bericht im März eine Arbeitsgruppe beschlossen, die andere Zulassungsverfahren vorbereiten sollte. Noch im August 2012 berichtet das Bundesamt für Beschaffungswesen danach, dass eine Aufnahme eines Testflugbetriebes Anfang Dezember 2012 möglich sei - weshalb der Entwicklungsvertrag für das Projekt zunächst weiter verlängert worden sei.

Generelle Überprüfung im Oktober veranlasst

Am 5. Oktober 2012 verfügte Staatssekretär Stephane Beemelmans dann eine generelle Überprüfung des Zulassungsverfahrens und eine Vorlage bis Jahresende. Am 20. Dezember bekamen die Staatssekretäre Rüdiger Wolf und Beemelmans laut Bericht die Empfehlungen aus den zuständigen Abteilungen, dass der Mehraufwand für den "Eurohawk"-Betrieb bis zu 600 Millionen Euro betragen könnten und die Beschaffung der "Eurohawks" daher nicht mehr weiter verfolgt werden sollte.

Als Wolf am 4. Janaur nachfragte, ob die Kündigung schon erfolgt sei, erhielt er laut Bericht zunächst die Antwort, dass dies nicht nötig sei. Die politischen Folgen wurden am 27. März für die Staatssekretäre zusammengefasst: Ende der "Eurohawk"-Serienbeschaffung. Bis Ende 2013 soll der Generalinspekteur der Bundeswehr Vorschläge vorlegen, wie die im Rahmen des Projektes entwickelte Aufklärungstechnik ISIS anderweitig verwendet werde kann. Die Arbeit an dem "Eurohawk"-Muster sollten aber vier Jahre weitergeführt werden, so die Empfehlung.

Am 10. April ordnete Staatssekretär Wolf laut Bericht dann das Aus an, über das am 24. April der Verteidigungsausschuss informiert wurde. Am 16. Mai wurden die beteiligten Firmen über die Entscheidungen informiert. (rtr)