Essen. . Keine Patrone und kein Panzer für Krisengebiete: Ab Juni können die Staaten das Waffenabkommen der Vereinten Nationen ratifizieren – wenn sie es wollen. Dann wird sich zeigen, was das Abkommen wert ist, dem 154 Staaten zugestimmt haben. Nur Iran, Nordkorea und Syrien waren dagegen.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International nannten das Zustandekommen des Abkommen der Vereinten Nationen zur Einschränkung des weltweiten Waffenhandels historisch. 154 Staaten der Erde haben dafür gestimmt – nur Iran, Nordkorea und Syrien dagegen. Ab Juni wird sich zeigen, was das Votum der UN-Vollversammlung von April wert ist – dann müssen es die Länder ratifizieren.

Deutschland unter den Top 5

Mindestens 50 Unterschriften sind notwendig, damit der Vertrag in Kraft treten kann und somit rechtlich verbindlich ist. Wer ihn unterzeichnet, verpflichtet sich, keine Waffen – von der Patrone bis zum Panzer – mehr an Staaten zu verkaufen, in denen Menschenrechte verletzt werden und Kriegsverbrechen stattfinden. Vornehmlich die EU- und Nato-Staaten sowie die im Allgemeinen als „westlich“ bezeichnete Länder wie Australien, Neuseeland und die Schweiz werden die Adressen sein, wo der Ratifizierungsprozess am schnellsten beginnen wird.

Also rund 40 Länder, andere werden folgen. Dennoch wird es etwa zwei Jahre dauern, so rechnen Experten, bis diese Zahl der Unterzeichner erreicht sein wird. Die völkerrechtlichen Bestimmungen gelten nur für diejenigen Staaten, die den Vertrag ratifiziert haben.

Die Grafik setzt zwei Größen miteinander ins Verhältnis. Die Militärausgaben der Staaten und ihren Grad der Freiheit.
Die Grafik setzt zwei Größen miteinander ins Verhältnis. Die Militärausgaben der Staaten und ihren Grad der Freiheit.

Wie notwendig die ersten weltweiten Normen für den Waffenhandel sind, zeigt die Grafik. Sie setzt zwei Größen miteinander ins Verhältnis. Die Militärausgaben der Staaten und ihren Grad der Freiheit. Es wird deutlich: dort wo Diktatoren regieren, Menschen unfrei sind und unterdrückt werden, wird mehr Geld für Waffen investiert als in demokratischen Ländern. Dafür stellen Unternehmen in Demokratien das meiste Kriegsgerät her. USA, Deutschland und Frankreich gehören weltweit zu den Top 5 der Waffenexporteure. Großbritannien und die Niederlande folgen.

Die anderen zwei Hauptwaffenlieferanten sind Russland und China. Sie haben wie 21 weitere Staaten – darunter Vietnam, Ägypten und Indien – das Waffenabkommen bisher nicht unterzeichnet. Unter anderem deswegen, weil der Satz „Es ist verboten, Waffen an nicht-staatliche Akteure zu liefern“ fehlt.

Erstmals weltweite Normen

Dies stört etwa China im Falle des international nicht als Staat anerkannten Taiwan gewaltig. Dass besagter Satz nicht im Vertrag steht, liegt insbesondere im Interesse der Waffenschmieden in den USA. „Sie liefern mit einem Marktanteil von 30 Prozent mit abstand das meiste Kriegswerkzeug – und wollen sich nicht vorschreiben lassen, wer zu ihren Kunden gehört“, sagt Wolfgang Richter, Rüstungsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

Er begrüßt das Abkommen, auch wenn wohl viel Zeit vergehen werde, bis es alle Staaten unterzeichnet haben. Internationales Völkerrecht sei nun einmal ein Prozess, es entwickele sich Schritt für Schritt. „Erstmals gibt es weltweite Normen, die den Waffenhandel regulieren. Wenn die ersten unterzeichnet haben, werden nach und nach andere folgen“, sagt Rüstungsexperte Richter.

Ein Allheilmittel gegen Waffenlieferungen an Kriegsverbrecher und Verletzer von Menschenrechten ist das Abkommen jedoch nicht. Denn: Es fehlt an Sanktionsmöglichkeiten. Bis dato wird es jedem Staat selbst überlassen sein, Exporte zu genehmigen und zu unterlassen. Es obliegt also den jeweiligen Regierungen zu bewerten, wo eine ernsthafte Verletzung des humanitären Völkerrechts stattfindet. In Syrien, in Saudi-Arabien?

Panzer für Saudi-Arabien

Im Falle Deutschlands, das den Vertrag unterzeichnen wird, muss also der Sicherheitsrat befinden, ob eine Waffenlieferung an syrische Rebellen in Zukunft erlaubt ist oder nicht. Saudi-Arabien und Katar schicken Kriegsmaschinen ins Bürgerkriegsland – sie haben sich Abkommen auch enthalten.

Apropos Saudi-Arabien: Auch hier sind Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung. Dennoch steht die Bundesregierung zu dem umstrittenen Geschäft über 200 Leopard-2-Panzer für das streng muslimische Königreich, das der Bundeskanzlerin als Stabilitätsfaktor in der Region gilt.

So wird es Berlin wohl auch weiterhin halten, wenn es dient, das Land als Gegengewicht zum Iran zu unterstützen und somit Israel zu schützen. Sicherheitspolitik und nationale Interessen wiegen schwerer als Menschenrechte.