Berlin. Der Bundestag hat die Immunität von Jörg Tauss aufgehoben. Damit ist der Weg für eine Strafverfolgung des Abgeordneten wegen Kinderporno-Verdachts frei. Tauss war vor wenigen Monaten von der SPD zur Piratenpartei gewechselt. Die hält weiter zu ihm.
Der Bundestag hat am Dienstag den Weg für eine Anklageerhebung gegen den unter Kinderpornoverdacht stehenden früheren SPD-Abgeordneten Jörg Tauss frei gemacht. Das Parlament hob die Immunität des Politikers auf, womit es einer einstimmigen Empfehlung des Immunitätsausschusses folgte. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe wollte dazu nichts mitteilen.
Sie war früher davon ausgegangen, dass es zu einer Anklageerhebung kommen wird. In den letzten Wochen ließ die Justizbehörde jedoch offen, ob sie einen Strafbefehl beantragen oder Anklage vor dem Amtsgericht oder Landgericht erheben will.
Tauss sagte der AP, er habe in der Kinderporno-Szene recherchiert. «Als Abgeordneter habe ich so handeln dürfen.» Die Staatsanwaltschaft hatte hingegen früher argumentiert, der Politiker habe keinen dienstlichen Auftrag gehabt und könne sich deshalb nicht darauf berufen.
Wechsel zur Piratenpartei
Der Bundestagsabgeordnete war im März wegen des Besitzes kinderpornografischen Materials unter Druck geraten. Tauss hatte stets seine Unschuld beteuert und erklärt, er habe als Abgeordneter recherchiert. Er trat sowohl als medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion als auch als Generalsekretär der SPD Baden-Württemberg zurück. Im Juni hatte er sein Parteibuch zurückgegeben und wechselte zur Piratenpartei.
Die Piratenpartei sieht nach der Aufhebung der Immunität Tauss' keinen Handlungsbedarf. «Das ist zwar die korrekte Vorgehensweise zur Aufklärung, aber Herr Tauss gilt für uns so lange als unschuldig, wie keine Verurteilung erfolgt ist», sagte Nicole Hornung vom Bundesvorstand der Partei der AP.
Anwalt kritisiert Ermittler
Tauss-Anwalt Jan Mönikes kritisierte das Vorgehen der Staatsanwaltschaft. «Es bleibt der Eindruck einer medialen Inszenierung, die von der Staatsanwaltschaft befördert wird», sagte er der AP. Es gebe keinen Grund, die Immunität in der letzten Bundestagssitzung vor der Wahl aufzuheben, da Tauss aus dem Parlament ausscheide.
Für die Durchsuchung von Wohn- und Büroräumen hatte der Bundestag Anfang März schon einmal Tauss' Immunität aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft hatte laut einem früheren Medienbericht bei dem Abgeordneten Handybilder und drei DVDs mit kinderpornografischen Inhalten gefunden. Die Hinweise auf den Politiker sollen aus Bremerhaven gekommen sein, wo gegen einen Verdächtigen wegen Kinderpornografie ermittelt wird, der Tauss' Telefonverbindungsdaten und SMS gehabt haben soll.
Tauss und sein Anwalt hatten das Vorgehen der Staatsanwaltschaft in dem Fall scharf kritisiert. Sie sprachen von einer «öffentlichen Vorverurteilung» und «sozialen Exekution». (ap)