Karlsruhe. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat Anklage gegen den Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss erhoben. Gegen ihn bestehe "der hinreichende Verdacht" auf Besitz und Verbreitung kinderpornographischen Materials, hieß es. Die Behauptung, er habe nur recherchiert, gelte als widerlegt.
Die Karlsruher Staatsanwaltschaft hat wegen der Beschaffung und Verbreitung von kinderpornografischem Material Anklage gegen Jörg Tauss erhoben. Tauss war Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion und gehört jetzt der Piratenpartei an. Gegen Tauss bestehe «der hinreichende Verdacht», zwischen Mai 2007 und Januar 2009 in 102 Fällen kinderpornografische und jugendpornografische Dateien «erlangt, weitergegeben und besessen zu haben», teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Er habe sich in 95 Fällen insgesamt 228 solche Bild- und Videodateien verschafft und auf seinem Mobiltelefon abgespeichert.
Tauss beteuerte stets seine Unschuld
In sechs Fällen habe Tauss Daten an andere Personen übersandt, hieß es weiter. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung in Berlin am 5. März 2009 sei der Politiker in Besitz von weiterem, überwiegend kinderpornografischem Material gewesen. Die Ermittler fanden Bilder und Videos auf seinem Handy sowie entsprechende DVDs. «Wegen der besonderen Bedeutung des Falles» wurde Anklage zum Landgericht erhoben. Tauss hat seine Unschuld stets beteuert und erklärt, er habe als Abgeordneter recherchiert. Dafür hätten die Ermittler «keine objektiven Anhaltspunkte» gefunden, teilte hingegen die Staatsanwaltschaft mit. Diese Behauptung von Tauss sei «widerlegt».
Es drohen bis fünf Jahre Haft
Tauss' Anwalt Jan Mönikes sagte der Nachrichtenagentur ddp, dass er mit der Anklageerhebung gerechnet habe. Nach entsprechenden Äußerungen der Staatsanwaltschaft in den Medien bereits vor einigen Wochen habe er «nichts anderes erwartet». Der Jurist warf der Staatsanwaltschaft vor, nicht «unvoreingenommen» zu urteilen. Er befürchte eine «Vorverurteilung» von Tauss. Sein Mandant bleibe bei seiner Angabe, die Daten für «dienstliche Recherchen» beschafft zu haben.
Nach Bekanntwerden der Affäre war Tauss als medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und als Generalsekretär der SPD Baden-Württemberg zurückgetreten und zur Piratenpartei gewechselt. Diese sieht auch nach der Anklageerhebung «keinen Grund, an der Aussage» von Tauss zu zweifeln, wie Parteisprecher Fabio Reinhardt am Mittwoch auf ddp-Anfrage sagte. Es gelte die «Unschuldsvermutung». Die Anklage habe «keine Auswirkung auf seine Mitgliedschaft». Es sei «von Anfang an klar» gewesen, dass Tauss angeklagt werde.
Zuvor hatte der Bundestag am Dienstag die Immunität des früheren SPD-Abgeordneten aufgehoben und damit den Weg zur Anklage durch die Karlsruher Staatsanwaltschaft freigemacht. Die Entscheidung fiel mit den Stimmen des ganzen Hauses bei Enthaltung von Tauss selbst. (ddp)