Washington. Skandale setzen US-Präsident Barack Obama unter Druck: Er erlebt die schlimmste Woche seit seinem Einzug ins Weiße Haus 2009. In den nächsten Tagen wird es sehr darauf ankommen, wie rigoros die Aufklärung und wie zupackend das Krisenmanagement des Weißen Hauses ausfällt. Ein Kommentar.
Weder der Provokateur mit dem dubiosen Haarschnitt in Pjöngjang noch der Menschenschlächter Assad in Syrien noch die unbelehrbaren Mullahs in Teheran haben das geschafft: Barack Obama erlebt die schlimmste Woche seit seinem Einzug ins Weiße Haus 2009.
Drei innenpolitische Skandale brauen sich zu einer politischen Schlechtwetterfront zusammen, die dem amerikanischen Präsidenten die noch junge zweite Amtszeit vollständig verhageln kann.
Den Anfang machte die Tragödie von Bengasi. Beim letzten Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 starben in Libyen vier Amerikaner, darunter US-Botschafter Stevens, bei einer bis heute nicht wirklich aufgeklärten Attacke islamistischer Terroristen.
Von Beginn an machte die Administration eine mehr als mäßige Figur bei dem Versuch, den fehlenden Schutz für die diplomatische Vertretung zu erklären. Seit E-Mails zwischen Außenministerium, Weißem Haus und Geheimdienst CIA öffentlich wurden und mit ihnen eine abstoßende Mixtur aus Verharmlosung, Verdrehung und Vertuschung, fühlen sich die auf Krawall gebürsteten Republikaner noch mehr in ihrem Bemühen bestärkt. Sie wollen a) Bengasi zu einem zweiten Watergate aufblasen und b) Hillary Clinton, Ex-Außenministerin und die wahrscheinlichste demokratische Präsidentschaftskandidatin für 2016, frühzeitig verbeulen.
Ausspionierte Telefondaten von Journalisten
Die an Big-Brother-Methoden erinnernde Bespitzelung der Nachrichten-Agentur AP durch Obamas Justizminister Eric Holder und der schikanöse Umgang der mächtigen Steuerbehörde IRS mit missliebigen konservativen Wahlvereinen stellen das Weiße Haus in noch größerem Maße auf die Probe.
Obama wollte immer der Anti-Bush sein - offen, transparent, rechtsstaatlich, niemals über dem Gesetz agierend. Verdichtet man die noch nicht ausgegorenen Erzählungen der einzelnen Skandale, von denen bislang keiner direkt mit dem Präsidenten in Verbindung gebracht werden kann, mit dem Hinweis auf den Schandfleck Guantanamo, fällt das Fazit bitter aus: Viel erfreulicher als die sinistren Gesellen der Vorgänger-Regierung ist der Obama-Apparat nicht wirklich.
Für den Amtsinhaber kann sich dadurch auf Dauer ein fataler Vertrauensverlust ergeben. Politisch ist er auch aufgrund der in Erstarrung verfeindeten Demokraten und Republikaner im Kongress bereits heute eine „lahme Ente“. Staatsverschuldung, Klimawandel, Einwanderungsreform, Waffengesetze: Nirgends kann der im November mit sattem Vorsprung vor seinem aus der Zeit gefallenen Herausforderer Mitt Romney gewählte Dauerhoffnungsträger bisher substanzielle Fortschritte vermelden, geschweige denn Vollzug.
Die staatsschädigende Blockade-Taktik seiner Gegner konnte Obama bislang stilsicher mit Mutmach-Parolen weglächeln. Wenn er sich direkt ans Volk anschmiegt, das ihm in Umfragen solide Zustimmungswerte beschert; auch weil wichtige Leitmedien die Arbeit Obamas bei aller Bescheidenheit im Ergebnis immer noch wohlwollend flankieren.
Die maßlose Lauschaktion bei AP könnte dieses Zweckbündnis zerrütten. Festigt sich der Eindruck, dass Obama seine Regierung nicht im Griff hat, dass sich einzelne Abteilungen verselbständigen, an der Pressefreiheit, sprich: Verfassung, versündigen und gesinnungsschnüfflerisches Unheil anrichten (Siehe IRS), werden sich liberale und moderate Wählerschichten 2014 bei den Halbzeit-Wahlen abwenden.
Ein lupenrein republikanischer Kongress würde den Präsidenten bei lebendigem Leib politisch einmauern. Bis 2016 bräche in den USA die bleierne Zeit an.
In den nächsten Tagen wird es sehr darauf ankommen, wie rigoros die Aufklärung und wie zupackend das Krisenmanagement des Weißen Hauses ausfällt. Zaudert der Präsident zu lange oder landen Skandalspritzer direkt auf seiner Weste, kann sich Obama II schneller erledigt haben als man gucken kann.