Rom.. Die ehemalige Olympiasiegerin Josefa Idem wird Sportministerin im neuen Kabinett von Premier Enrico Letta. Die 48-Jährige wurde in Nordrhein-Westfalen geboren und heiratete später ihren italienischen Trainer. Die Medien nennen das neue Regierungsbündnis nach deutschem Vorbild „grosse koalition“.
Eine blonde Deutsch-Italienerin ist unter den sieben Frauen in der neuen italienischen Regierung: Kanu-Olympiasiegerin Josefa Idem. Die im nordrhein-westfälischen Goch geborene 48-Jährige ist am Sonntag als Ministerin für Sport, Jugend und Gleichberechtigung im Kabinett Letta vereidigt worden.
„Das hatte ich nicht erwartet“, sagte Idem, als sie die Nachricht von ihrer Beförderung erhielt. Am wichtigsten sei es jetzt, die Ärmel hochzukrempeln: Es gebe eine Menge zu tun, vor allem auch für die Gleichberechtigung. Idem ist in ihrer zweiten Heimat sehr populär. Bei den Vorwahlen ihrer sozialdemokratischen Partei (PD) kam sie auf Listenplatz 1. Unter anderem ihr soziales Engagement für „Emergency“, eine Hilfsorganisation für zivile Kriegsopfer, hat sie bekannt gemacht.
Olympia-Gold für Italien
Nach den Olympischen Spielen 1988 ist Idem nach Italien gewechselt. Sie heiratete ihren Trainer Gugliemo Guerrini und wurde 1992 Italienerin. 2000 holte sie für Italien Olympia-Gold. 38 Medaillen hat sie bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften für Italien gewonnen – eine außerordentliche Kanu-Karriere einer Frau, die bei acht Olympischen Spielen angetreten ist. Das hatte vor ihr noch keine Athletin geschafft. Jetzt kämpft sie nicht mehr um Medaillen, sondern für Frauen, Jugend und Sport. Mit ihr wurden 20 weitere Minister und der neue Premier Enrico Letta im Palast des Staatspräsidenten vereidigt.
Letta, der erst 46-jährige Ministerpräsident, wollte mit der Zusammensetzung seiner Regierung und der sie tragenden Koalition dem Land ein Zeichen für den Aufbruch geben. Erstmals seit 19 Jahren, seit Silvio Berlusconi politisch aktiv ist, finden sich sein Mitte-Rechts-Lager und die „Feinde“ von Mitte-Links zu einem Regierungsbündnis bereit. Diese Kombination ist für Italien so neu, dass die Zeitungen keine Bezeichnung dafür haben. Sie nehmen Anleihe beim Deutschen und nennen alles eine „grosse koalition“.
Junge Politiker im Kabinett
Dem Kabinett gehören neun Politiker – für Italien auffallend viele – zwischen 37 und 50 Jahren an, Neulinge auch, die erst vor zwei Monaten ins Parlament gewählt worden sind. Dem Drängeln der Altparteien, „die Erfahrung“ und „die Schwergewichte“ nicht auszuschließen, hat sich Letta widersetzt. So hatten seine Sozialdemokraten Massimo D’Alema als Außenminister ins Gespräch gebracht; darauf schlug Montis „Bürgerwahl“ als dritte, kleinste Koalitionspartei ihren eigenen Chef vor, und Silvio Berlusconi sagte: „Wenn Monti oder D’Alema Außenminister wird, dann darf ich wohl auch Wirtschaftsminister werden.“
Jetzt ist aus den Reihen der Altparteien kein früherer Minister im Kabinett übrig geblieben: Das Innenressort führt Berlusconis Vertrauter, Angelino Alfano, der zwischen 2008 und 2011 Justizminister war. Nominell ist Alfano auch „Sekretär“, also Vorsitzender von Berlusconis „Volk der Freiheit“. Doch Berlusconi gibt die Führung nicht aus der Hand. Alfano wird unter dem Sozialdemokraten Letta und unter Berlusconis Überwachung auch Vize-Premier.
Zeichen für Europa
Letta hat sich nicht nur bemüht, alle Strömungen seiner Koalitionsparteien zu berücksichtigen, er wollte auch ein starkes Zeichen an die Adresse Europas senden: Finanz- und Wirtschaftsminister wird wieder ein „Technokrat“: der unabhängige Generaldirektor der Nationalbank Fabrizio Saccomanni, ein enger Vertrauter des EZB-Chefs Mario Draghi und von Mario Monti.
Insgesamt kommen die Sozialdemokraten auf neun Kabinettsmitglieder, das „Volk der Freiheit“ auf fünf, Montis „Bürgerwahl“ auf drei; die anderen sind parteiunabhängig. Und Letta, da sind sich alle Kommentatoren einig, hat seine Regierung auf Dauer angelegt.