Seoul. Der Streit zwischen Nord- und Südkorea um die gemeinsamen Wirtschaftszone Kaesong eskaliert. Nachdem die Gespräche geplatzt sind, fordert Seoul sämtliche Arbeiter zum Rückzug aus Kaesong auf. Das Gesprächsangebot aus Seoul sei “arglistig“, erklärte Nordkoreas Nationaler Verteidigungsausschuss. Südkorea hatte dem Norden am Donnerstag ein Ultimatum gesetzt.
Nordkorea hat der Aufforderung des Südens zu Verhandlungen über die gemeinsame Industriezone Kaesong eine Absage erteilt - und riskiert damit das Aus für das Prestigeprojekt. Südkorea rief am Freitag alle seine noch in Kaesong verbliebenen Staatsbürger zum Verlassen des Gebiets auf. In der grenznahen Sonderwirtschaftszone waren bisher über 120 südkoreanische Firmen und mehr als 50.000 Arbeiter aus Nordkorea tätig.
Sämtliche Südkoreaner müssten zu ihrem Schutz aus Kaesong ausreisen, sagte der südkoreanische Vereinigungsminister Ryoo Kihl Jae in Seoul. Er fügte hinzu: "Nordkorea muss die sichere Rückkehr unseres Personals gewährleisten und das Anlagevermögen der Firmen mit Investitionen in Kaesong vollständig schützen."
Gesprächsangebot aus Seoul sei "arglistig"
Zuletzt befanden sich noch mehr als 170 der sonst 850 südkoreanischen Mitarbeiter in dem Industriepark, der sich in Nordkorea zehn Kilometer von der innerkoreanischen Grenze entfernt befindet.
Das Gesprächsangebot aus Seoul sei "arglistig", erklärte Nordkoreas Nationaler Verteidigungsausschuss am Freitag. Südkorea hatte dem Norden am Donnerstag ein Ultimatum von 24 Stunden gesetzt und andernfalls mit "bedeutenden Maßnahmen" gedroht.
Wenn die südkoreanische "Marionetten-Macht" die Lage weiter verschlimmere, wäre es an der Demokratischen Volksrepublik Korea, "entschlossene und harte Maßnahmen" zu ergreifen", heißt es in der Erklärung des Verteidigungsausschusses. Jede "Ultimatum-ähnliche" Ankündigung würde nur die "finale Zerstörung" Südkoreas beschleunigen.
Blockade des Industriekomplexes bringt Firmen in Bedrängnis
Die Zukunft für die wirtschaftlich und symbolisch bedeutende Sonderzone scheint damit akut bedroht. Obwohl der Industriepark für Pjöngjang ein wichtiger Devisenbringer ist, hatte der Norden Anfang April allen südkoreanischen Beschäftigten den Zugang verwehrt. Am 9. April zog Pjöngjang zudem alle seine Arbeitskräfte ab. Es begründete den Schritt mit einem von Seoul erwähnten "militärischen" Notfallplan zum Schutz seiner Beschäftigten in Kaesong.
Südkorea unterstütze weiterhin einen stabilen Betrieb und Verbesserungen für Kaesong, hatte es am Donnerstag aus dem Vereinigungsministerium in Seoul geheißen. Denn auch die Wirtschaft des Südens wird durch die Blockade des Industriekomplexes getroffen. Produktionsausfälle und wegbrechende Aufträge bringen zahlreiche Firmen in Bedrängnis. Seoul sagte ihnen am Mittwoch Finanzspritzen zu.
Die südkoreanische Präsidentin Park Geun Hye leitete am Freitagnachmittag ein Treffen mit hochrangigen Sicherheits- und Außenpolitikvertretern. Auf der Tagesordnung stand das Thema Kaesong.
Kaesong ist Prestigeprojekt beider Länder
Kaesong war seit mehr als einem Jahrzehnt das Prestigeprojekt der einstigen "Sonnenscheinpolitik" zwischen beiden Staaten. Der frühere südkoreanische Präsident Kim Dae Jung hatte Ende der 1990er Jahre eine Politik der Annäherung an den Norden betrieben. Das führte auch zur Gründung der Sonderwirtschaftszone Kaesong, die seit 2004 betrieben wird und inzwischen Umsätze von rund zwei Milliarden Dollar ermöglichte.
Der Kaesong-Konflikt steht im Zusammenhang mit der gespannten Lage auf der koreanischen Halbinsel. Nordkorea hatte in den vergangenen Wochen mehrfach mit atomaren Angriffen auf Südkorea und Japan gedroht. Die USA beorderten hochmoderne Kampfjets nach Südkorea, darunter Tarnkappenbomber und zwei atomwaffenfähige B-52-Bomber. (afp)