Moskau. . Die Tschetschenen Tamerlan und Dschochar Zarnajew sollen die Attentäter von Boston sein. Der eine hörte Lieder vom Heiligen Krieg, der andere dachte an Geld. Was wollten die beiden Männer? Die russischen Medien rätseln über die Motive.
Dass die beiden mutmaßlichen Attentäter von Boston offenbar aus Tschetschenien stammen, hat in Russland vorsichtige, zum Teil ratlose Reaktionen hervorgerufen. Die islamisch geprägte Teilrepublik im Nordkaukasus, früher abtrünnig und zweimal mit Waffengewalt in den russischen Staatsverband zurückgezwungen, gilt in Russland seit Langem als Hort des Terrors.
Zahlreiche Medien zitierten am Freitag die Website Dschochar Zarnajews des jüngeren der beiden Brüder in dem russischen sozialen Netzwerk „W Kontakte“. Dort gab der 19-jährige Student und Hobbyringer „Islam“ als Weltanschauung an, gleichzeitig bezeichnete er aber „Geld und Karriere“ als die wichtigsten Ziele in seinem Leben.
Tamerlans Ordner bei YouTube hieß „Terrorist“
Tamerlan Zarnajew, 26, der getötete Bruder und mutmaßliche Komplize, soll im vergangenen Jahr auf dem Video-Internetportal YouTube ein Nutzerkonto mit islamischen Videoclips eröffnet haben. Mehrere Dateien in einem Ordner namens „Terrorist“ dort sind gelöscht.
Tamerlan hörte Lieder des tschetschenischen Sängers Timur Muzirajew, dessen Song „Allah, Freiheit und Heiliger Krieg“ lange als inoffizielle Hymne des tschetschenischen Untergrunds galt. „Wenn sich bestätigt, dass sie an dem Attentat in Boston beteiligt waren, rückt die Version in den Vordergrund, dass Islamisten dahinter stecken“, schreibt die Tageszeitung Moskowski Komsomoljez.
Wer hat etwas von diesem Attentat?
Russische Experten rätselten am Freitag jedoch darüber, warum der islamistische Untergrund Tschetscheniens einen Terrorakt gegen die USA organisieren sollte, die gerade erst Ramsam Kadyrow, dem moskautreuen Republikchef, ein Einreiseverbot erteilt hatten. „Das legale Tschetschenien hat nichts von diesem Attentat, das illegale ebenso wenig“, sagte der Kaukasuspolitologe Enwer Kisrejew.
Ein Sprecher Kadyrows erklärte der Nachrichtenagentur Interfax, die Familie Zarnajew sei schon vor vielen Jahren aus Tschetschenien in eine andere Region Russlands und dann nach Zentralasien verzogen. Laut Radio Echo Moskwy besuchte Dschochar bis 2001 eine Schule in der Nachbarrepublik Dagestan, ging danach mit seiner Familie nach Kirgistan und später in die USA.
Standen sie unter dem Einfluss von El Kaida?
Der kremlnahe Völkerrechtler Vladimir Kotljar mutmaßte, hinter den Attentätern steckten islamistische Extremisten, vermutlich aus dem Umfeld von El Kaida. Er meinte: „Ob dabei Kontakte über Russland liefen, müssen die Sicherheitsorgane feststellen.“
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