Berlin. Die deutsche Regierungschefin startet mit einer live übertragenen Online-Videokonferenz eine Premiere, um über das Thema Integration zu diskutieren. Ihre Gesprächspartner sind Menschen, die sich im Alltag um das Thema Integration verdient gemacht haben. Nun wird jedoch darüber gestritten, ob Merkel das einfach so darf.
Angela Merkel geht mit ihrem Bürgerdialog neue Wege. Die Bundeskanzlerin diskutiert am Freitag mit je drei Bürgerinnen und Bürgern über das Thema Integration – und nutzt dabei erstmals eine Online-Videokonferenz. Ab 17 Uhr startet der Google-Hangout - ein Tool, bei dem bis zu zehn Personen audiovisuell konferieren können. Nicht nur Nutzer von Google Plus können die Debatte verfolgen. Auch auf den Seiten der Bundesregierung und auf ihrem Youtube-Kanal wird die Diskussion im Live-Stream zu sehen sein. Dauer: 45 Minuten.
Merkels Gesprächspartner am Freitag haben ihre Einladung zum Hangout ihrem Engagement für Integration zu verdanken, für das sie zum Teil auch ausgezeichnet wurden - darunter ein Sozialarbeiter, ein Stipendiat und ein Polizist. Ihr Engagement reicht vom Sport über die Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche bis zum Spracherwerb. Außerdem hatten Interessierte im Vorfeld die Möglichkeit, ihre Fragen an die Kanzlerin per Mail zu stellen. 116 von ihnen stehen in der engeren Auswahl, einige werden in die Debatte einfließen.
Die Idee des Dialogs ist nicht neu
Dass Merkel über sozialpolitische Themen mit Bürgern diskutiert, ist nicht neu. In ihrem „Zukunftsdialog“ veranstaltete die Kanzlerin von Mai 2011 bis Juli 2012 neben einer Reihe von Expertenrunden auch Bürgergespräche, unter anderem in Bielefeld. So sollten Vorschläge zum künftigen Zusammenleben in der Bundesrepublik erarbeitet werden. Auch dabei konnten Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen online loswerden. Am Ende stand eine Buchveröffentlichung. Der "Dialog über Deutschlands Zukunft" ist im Juli 2012 im Hamburger Murmann-Verlag erschienen.
Seit März befindet sich Angela Merkel auf einer Dialogreise zum Thema Demografie, besuchte unter anderem Kitas, Mehrgenerationenhäuser, ein Seniorenzentrum. Nun folgt das erste Bürgergespräch online. Ob es ein Testballon bleibt oder Institution wird, dazu gebe es noch keine Überlegungen, hieß es.
Braucht Angela Merkel nun eine Sendelizenz
An anderer Stelle brachte das Vorhaben schon eine Diskussion vor der Diskussion ins Rollen. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) kritisierte die unklare Rechtslage im Zusammenhang mit einer Übertragung, wie sie Kanzlerin Merkel plant. Es sei unklar, ob die Bundesregierung für so ein Angebot eine Rundfunklizenz brauche, und wenn ja, ob eine solche Sendelizenz mit der Staatsfreiheit des Rundfunks vereinbar wäre. MABB-Direktor Dr. Hans Hege sieht darin ein „Beispiel für die Notwendigkeit, die Rundfunkordnung zu einer Medienordnung weiterzuentwickeln“.
Auch Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, stellte die Frage, ob das Angebot noch als „zulässige Öffentlichkeitsarbeit“ zu werten sei. Es sei „dringend notwendig, die rechtliche Einordnung neuer, rundfunkähnlicher Mediendienste klarer zu strukturieren“.
Eine ähnliche Debatte führte bereits Konrad Adenauer. Der ehemalige Bundeskanzler wünschte sich ein Art eigenen Regierungssender im Fernsehen, um einen Gegenpol zu der kritischen Berichterstattung der ARD-Sender zu installieren. Der Plan wäre fast aufgegangen. Letztlich scheiterte das „Adenauer-Fernsehen“ jedoch vor dem Bundesverfassungsgericht.