Berlin. . Der russische Präsident Wladimir Putin besucht Deutschland. Es ist die Fortsetzung eines schwierigen Verhältnisses. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist verärgert über Razzien bei deutschen Stiftungen in Russland.
Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin am Wochenende nach Deutschland kommt, darf er sich auf einen kühlen Empfang einstellen. Die Bundesregierung ist wegen der Razzien bei deutschen Stiftungen in Russland verstimmt, die Entfremdung zwischen Berlin und Moskau nimmt zu – Kanzlerin Merkel ist ernüchtert.
Eigentlich hatte Putin anderes im Sinn. Russland ist dieses Jahr Partnerland der Hannover-Messe mit enormer Aussteller-Präsenz, bei der Messe-Eröffnung gemeinsam mit Angela Merkel am Sonntag will der Präsident die glänzenden Wirtschaftsbeziehungen würdigen. Mit einem Volumen von 80 Milliarden Euro hat der deutsch-russische Handel im Vorjahr einen neuen Rekord erreicht.
Trotzdem wird Putins Begegnung mit Merkel eher frostig verlaufen: Vor einer Woche haben die russischen Behörden deutsche Stiftungen in Moskau und St. Petersburg durchsucht. Bundesregierung und Parteien reagierten verärgert. Merkel ließ „große Sorge“ ausrichten und vor Schaden für die deutsch-russischen Beziehungen warnen. „Die Durchsuchungen von Stiftungen sind politisch nicht zu rechtfertigen und offenbar Teil eines systematischen Vorgehens gegen Nichtregierungsorganisationen“, sagt SPD-Außenexperte Rolf Mützenich. „Das muss die Kanzlerin bei Putin zur Sprache bringen.“ Dies wird Merkel auch tun, versichern ihre Mitarbeiter.
Kleine Gemeinheiten
Merkel und Putin haben sich von Anfang an nichts geschenkt. Bei ihrem Antrittsbesuch in Russland 2006 lud die Kanzlerin Kremlkritiker zum persönlichen Gespräch ein. Ein Affront für Putin, der von Merkels Vorgänger Schröder anderes gewohnt war. Wohl auch als Revanche ließ Putin beim nächsten Besuch der Kanzlerin eine Labrador-Hündin in den Besprechungsraum und sah lässig zu, wie sich das Tier vor Merkels Füße legte – der frühere KGB-Agent Putin wusste, dass die Kanzlerin eine Abneigung gegen Hunde hat, seit ihr einst ein Jagdhund ins Knie biss.
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Bei späteren Begegnungen lieferten sich Merkel und Putin mehrfach einen heftigen Schlagabtausch, zuletzt zeigte sich das Konfliktmuster im November 2012: Merkel rügte Demokratiedefizite und harte Strafen für die Aktivistinnen von „Pussy Riot“, Putin wetterte im Gegenzug über Diskriminierungen in Deutschland. Die Gespräche hinter verschlossenen Türen seien oftmals reine Machtproben, heißt es in Merkels Umfeld.
Nach außen vermittelt Merkel ohnehin den Eindruck eines belastbaren Arbeitsverhältnisses zu Putin – die Beziehungen zum Wirtschaftspartner und Energielieferanten sind viel zu eng, um sich aus dem Weg zu gehen. Dass Putin vor einem Jahr erneut Präsident wurde und nun mit noch größerer Härte regiert, hat die Kanzlerin aber überrascht. Eine schlüssige Strategie im Umgang mit dem großen Nachbarn der EU findet sie nicht.
„Deutschland ist Russlands Schlüsselpartner in der EU, aber in den letzten zwei Jahren gibt es eine wachsende Entfremdung zwischen Berlin und Moskau“, sagt Stefan Meister, Russland-Experte der Gesellschaft für Auswärtige Politik. Putins System sei geprägt von Korruption und fehlender Rechtsstaatlichkeit, resistent gegen Modernisierungsbestrebungen – auf Wandel durch Annäherung dürfe der Westen nicht hoffen.