Berlin/Moskau. In den vergangenen Tagen haben russische Behörden die Büros von Nicht-Regierungsorganisationen in Russland durchsucht. Darunter waren auch die Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Konrad-Adenauer-Stiftung in Moskau und St. Petersburg. Außerdem wurden Vertreter der Stiftungen zu den Staatsanwaltschaften bestellt
Bei den seit Tagen laufenden Aktionen gegen Nichtregierungsorganisationen (NGO's) in Russland sind nun auch deutsche Stiftungen in das Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) wurde am Montag und Dienstag gleich zwei Mal von den Behörden aufgesucht und protestierte gegen die Aktion. Auch die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung bekam Besuch der Staatsanwaltschaft. Deutsche Außenpolitiker kritisieren das Vorgehen.
Das seit Herbst geltende, verschärfte NGO-Gesetz verlangt von ganz oder teilweise vom Ausland finanzierten NGO's, dass sie sich als "ausländische Agenten" registrieren lassen und detaillierte Finanzberichte vorlegen müssen. Zu den betroffenen Organisationen gehörte am Montag auch Amnesty International in Moskau. Die Menschenrechtsorganisation kritisierte das Vorgehen und äußerte die Befürchtung, dass so die Arbeit von NGO's in den Augen der Öffentlichkeit diskreditiert werde.
Nach den Durchsuchungen bei den deutschen Stiftungen am Montag sprachen KAS und FES noch von Routineaktionen, die zivilisiert abgelaufen seien und die Arbeit der Büros nicht behindere. Das änderte sich, als das KAS-Büro in St. Petersburg am Dienstag erneut Besuch der russischen Behörden bekam. Dabei wurden Computer beschlagnahmt mit der Begründung, man wolle die Lizenzen für die verwendete Software überprüfen, wie die Stiftung in Berlin mitteilte. "Der Eingriff von heute morgen ist besorgniserregend und in keiner Weise zu akzeptieren", erklärte der KAS-Vorsitzende und ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering.
NGO's sollen als illoyal stigmatisiert werden
Der CDU-Europaabgeordnete warnte, diese Behinderung unserer Arbeit könne auch zu einer Belastung der Beziehungen mit Russland führen. Deutsche politische Stiftungen und russische Nichtregierungsorganisationen (NGO) leisteten einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. "Jede Behinderung ihrer Arbeit schädigt die demokratische Entwicklung", erklärte Pöttering.
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Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), warf Russland vor, die NGO's mit dem "Stigma der Illoyalität" zu versehen. "Die Botschaft an die Russen ist: Das sind Agenten des Auslands, die uns nicht guttun. Haltet euch fern von denen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".
Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, betonte, die deutschen Stiftungen hätten sich immer korrekt verhalten. "Ich habe keinerlei Verständnis für die russische Aktion", sagte der CDU-Politiker "Spiegel Online".
Westerwelle: Razzien "nicht akzeptabel"
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte sich bereits bei den ersten Durchsuchungen bei NGO's in der vergangenen Woche "sehr beunruhigt" gezeigt. Teil der Partnerschaft mit Russland sei eine faire Behandlung von Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen, hatte ein Sprecher Westerwelles betont. Konzertierte Aktionen, die deren Handlungsfreiheit einschränken, seien "nicht akzeptabel".
CDU und Grüne verlangen eine sofortiges Ende der Durchsuchungen. Die Beschlagnahme von Computern der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) sei inakzeptabel, erklärte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe am Dienstag in Berlin.
Die politischen Stiftungen aus Deutschland leisteten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung demokratischer Strukturen, zum Aufbau von Rechtsstaatlichkeit und zur Förderung der Zivilgesellschaft. "Wer diese Arbeit behindert, nimmt in Kauf, dass sich das deutsch-russische Verhältnis verschlechtert."
Roth: "Zeichen großer Nervosität und Schwäche des Kremls"
Grünen-Chefin Claudia Roth sprach von Schikanen und nannte es ein alarmierendes Zeichen großer Nervosität und Schwäche des Kremls, wenn er meine, das stärker gewordene zivilgesellschaftliche Engagement in Russland unterdrücken zu müssen. Deutschland und die EU müssten die Repressionen und insgesamt die Frage demokratischer Rechte gegenüber Russland viel deutlicher zur Sprache bringen. Die Verwendung des Begriffs "ausländische Agenten" wie in einem Gesetz zu den NGO habe in der russisch-sowjetischen Geschichte brutalste Verfolgungen und Hinrichtungen zur Folge gehabt. "Es ist hochgradig alarmierend, wenn die russische Regierung begrifflich an solche Zeiten anknüpft."
Kritik gibt es auch von Unionsfraktionschef Volker Kauder. Am Rande eines Besuches in Peking sagte er am Dienstag vor Journalisten, das Vorgehen der russischen Behörden "stößt bei uns auf völliges Unverständnis". Die Adenauer-Stiftung verhalte sich "rechtskonform". Die Durchsuchungen sollten die Zivilgesellschaft in Russland verunsichern. "Das können wir in keiner Weise akzeptieren." Es sei "kein gutes Zeichen", sagte Kauder. Er verfolge die Lage der Nichtregierungsorganisationen in Russland "mit großer Sorge".