Dortmund. . Nach dem vereitelten Anschlag auf den Chef der rechtsextremistischen Splitterpartei Pro NRW stehen vier Salafisten vor dem Haftrichter. Möglicherweise wurden sie von religiösen Fanatikern in Waziristan zu den Anschlagsplänen animiert. Bisher schweigen sie zu den Vorwürfen. Ein Haftrichter erließ am Donnerstagabend Haftbefehl gegen alle vier Festgenommenen.
Hat die Polizei eine heiße Spur zu den Bombenbauern, die am 10. Dezember 2012 den Bonner Hauptbahnhof sprengen wollten? Die spannendste Frage nach der Festnahme von vier Salafisten am Mittwochmorgen bleibt zunächst unbeantwortet. Die Vier im Alter zwischen 23 und 43 Jahren schweigen, bestätigt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Dortmund, Henner Kruse.
Allerdings werden offenbar nicht nur die 616 Gramm Sprengstoff, die bei dem Quartett gefunden wurden, auf Ähnlichkeit mit den damals in Bonn festgestellten und nicht detonierten Sprengstoff-Spuren abgeglichen. Auch Übereinstimmungen der DNA der beteiligten Personen beider Vorgänge könnten Aufschluss geben.
Beisicht sollte ausgespäht werden
Gestern wurden die Festgenommen in Begleitung von Anwälten dem Haftrichter am Amtsgericht Dortmund vorgeführt. Ihnen wird die versuchte Tötung des Vorsitzenden der rechtsextremen Partei Pro NRW, Markus Beisicht, vorgeworfen. Auf dem Weg zum Privathaus des Anwalts in Leverkusen waren zwei von ihnen von einem Sondereinsatzkommando aus Beamten der Essener und Kölner Polizei angehalten und festgenommen worden. Die zwei anderen wurden in Essen-Kray und Bonn in Haft genommen.
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Es wird bestätigt, dass die Beamten in dem in Leverkusen genutzten Fahrzeug keine Waffen gefunden haben. Offenbar wollten die Tatverdächtigen den ins Auge gefassten Tatort erst ausspähen oder zunächst herausfinden, ob Beisicht zu Hause ist. Die mögliche Tatwaffe wurde kurz darauf in der Wohnung eines der beiden Autoinsassen in Bonn sichergestellt.
Die Essener Polizeibehörden gehen davon aus, dass die Vier – zwei Deutschtürken, ein Albaner und ein Deutscher, der zum Islam konvertiert ist – als Einzelgruppe gehandelt und keine weiteren Hinterleute haben. Das führt zu der Frage, was das Motiv der mutmaßlichen Mordabsicht am Pro NRW-Chef war - und zu einer Spur im Internet, die Auslöser gewesen sein könnte.
Mitte Mai letzten Jahres wurde ein Propagandavideo durch einen Abu Ibrahim ins Netz gestellt. Es ist in Waziristan aufgenommen, wo Abu Ibrahim alias Yassin Chouka als Propagandist für die terroristische Islamische Bewegung Usbekistan (IBU) wirkt. Mit Bruder Mounir, mit dem er lange Jahre beim Fußballclub FC Fortuna Bonn gespielt hatte, war er er 2007 aus der Bundesstadt in das Bergland an der pakistanisch-afghanischen Grenze gereist. Die Aufforderung auf dem Video ist Klartext: „Ihr sollt die Mitglieder von Pro NRW töten - alle!“ Es müsse „im Schutz der Dunkelheit oder im Morgengrauen“ passieren: „Lauert und sucht einzelne Personen der Pro NRW auf. Dann schlagt zu“.
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Tatsächlich fanden die Fahnder bei den vier Festgenommenen von Mittwoch früh eine Liste mit neun markierten Namen von Funktionären der rechtsextremen Partei, die wegen der provozierenden Darstellung der Mohammed-Karikaturen den Zorn der Islamisten auf sich gezogen hatte und die von diesen auch auf offener Straße in Bonn angegriffen worden waren.
Splitterpartei als Zielobjekt
Eine solche Schlägerei, bei der damals 29 Polizisten verletzt wurden, geht sogar Abu Ibrahim zu weit. Er riet, offene Konfrontation zu meiden. Stattdessen lieber: Mord.
Das mutmaßliche Objekt der Salafisten, Pro NRW, ist eine Splitterpartei, die bei den letzten Wahlen gerade 1,5 Prozent erzielte und vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz beobachtet wird. Sie feuert gerne Auseinandersetzungen mit Ausländern überall im Land an - zuletzt durch Protestaktionen vor Asylbewerberheimen. „Diese Rechtsextremisten schüren durch ihre schäbigen Hetzkampagnen gezielt Ausländerhass. Das ist gefährlich für unser Land“, stellte Innenminister Ralf Jäger nach dem Auffliegen der Mordpläne an Pro-NRW-Chef Beisicht fest.