Pjöngjang. Nach der Drohung eines atomaren Präventivschlags gegen die USA hat der Diktator Kim Jong Un die nächste Eskalationsstufe gezündet. Er will den Waffenstillstandsvertrag aufkündigen. Experten halten seine Kriegsrhetorik für einen Bluff.
Nur einen Tag, nachdem die Vereinten Nationen weitgehende Sanktionen gegen Nordkorea beschlossen haben, kündigte die Europäische Union weitere Strafmaßnahmen an. Am Montag wolle man in Brüssel darüber beraten.
Der Grund: Machthaber Kim Jong Un hatte nach der Drohung eines atomaren Präventivschlags gegen die USA die nächste Eskalationsstufe gezündet. Er ließ den direkten Telefondraht zu Südkorea kappen und kündigte an, das Waffenstillstandsabkommen mit den USA zu annullieren. Nicht nur für Außenminister Guido Westerwelle hat der Diktator den Bogen damit überspannt.
Das Abkommen gilt seit Ende des Korea-Kriegs 1953. Da das Regime in Pjöngjang Südkorea nur als „Marionetten-Staat“ der USA ansieht, haben nur Nordkorea und die Vereinigten Staaten das Papier unterzeichnet. Es gilt jedoch auch für Südkorea. Jetzt will es Kim Jong Un aufkündigen, sollte das geplante Manöver von Südkorea und den USA am 11. März seinen Höhepunkt finden. An der Militärübung sollen 200 000 südkoreanische und 10 000 US-Soldaten teilnehmen.
Halten die Nerven auf beiden Seiten?
Trotz dieses martialischen Auftretens glaubt Hanns Günther Hilpert, Nordkorea-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, nicht, dass Kim Jong Un wirklich einen Krieg will. „Das ist ein Bluff. Es ist nicht das erste Mal, dass Nordkorea auf diese Weise versucht, Diplomatie zu betreiben.“ Wenngleich es nicht auszuschließen sei, dass angesichts des Manövers auf der einen oder anderen Seite die Nerven reißen könnten. Entlang der Waffenstillstandslinie gibt es weltweit die größte Truppenkonzentration. Nordkorea verfügt über 1,2 Millionen, der Süden über 640 000 Soldaten. „Die aktuelle Führung in Pjönjang ist so eine Eskalation nicht gewohnt, da der junge Kim auch einige erfahrene Militärs ausgewechselt hat.“
Internationale Experten gehen davon aus, dass Nordkorea nicht über die Fähigkeiten verfügt, einen atomaren Schlag auszuführen. Doch auch die konventionellen Kräfte sind stark genug, Seoul und anderen Städten großen Schaden zuzufügen. Hanns Günther Hilpert vermutet jedoch, dass Kim Jong Un einsehen wird, sich in eine Sackgasse manövriert zu haben. Aus Sicht von Beobachtern könnten allenfalls einige wenig besiedelte Ziele im Süden mit der Artillerie unter Feuer genommen werden, so wie es 2010 der Fall war. Mehr werde Kim nicht riskieren, da er wisse, dass sein Land zu schwach ist, einen Krieg und ein längeres Embargo vor allem durch Hauptlieferant China durchzustehen.