Istanbul. Ein Reformpaket wurde in das türkische Parlament eingebracht. Sein Inhalt: unter anderem eine Änderung am Antiterrorgesetz. Das könnte dazu führen, dass die Meinungsfreiheit nicht mehr so stark eingeschränkt wird. Bedeutung hat das Reformpaket im Zusammenhang mit dem Kurdenkonflikt.

Mit der Einbringung eines neuen Reformpakets ins Parlament reagiert die Türkei auf heftige Kritik im In- und Ausland an Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Wie die türkische Presse am Freitag berichtete, sieht das Paket Änderungen am Antiterrorgesetz vor.

Demnach sollen Meinungsäußerungen nur noch dann als Terrorpropaganda eingestuft werden, wenn sie Aufrufe zur Gewalt enthalten. Die Reform soll die Gesetze an die Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichts anpassen und zudem die derzeit laufenden Bemühungen um ein Ende des Kurdenkonflikts flankieren.

Gerichte stuften bisher oft Meinungsäußerungen als Terrorpropaganda ein

In den vergangenen Jahren hatten türkische Gerichte trotz der Stärkung der Grundrechte im Rahmen der Bewerbung um die EU-Mitgliedschaft zahlreiche Meinungsäußerungen als Terrorpropaganda eingestuft. Zwei Drittel aller Urteile des Europäischen Menschenrechtsgerichts in Straßburg gegen die Türkei basieren laut Presseberichten auf Verletzungen der Meinungsfreiheit.

Das neue Reformpaket soll die Zahl der Klagen gegen die Türkei in Straßburg senken. Es schafft zudem die Verjährung in Fällen von Folter ab.

Die größte innenpolitische Bedeutung hat das Reformpaket im Zusammenhang mit dem Kurdenkonflikt. Derzeit sitzen hunderte kurdische Aktivisten in Untersuchungshaft, weil ihnen Propaganda für die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorgeworfen wird.

Kurdische Aktivisten könnten aus den Gefängnissen freikommen

Die Freilassung der kurdischen Aktivisten gehört zu den Forderungen des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan, der seit dem vergangenen Jahr mit dem türkischen Geheimdienst über Wege zur Beilegung des Kurdenkonflikts verhandelt. Die PKK will nach eigenen Angaben in den kommenden Tagen einige türkische Gefangene freilassen.

Allerdings ist in der türkischen Öffentlichkeit umstritten, ob das Paket tatsächlich mehr Meinungsfreiheit und die Entlassung kurdischer Häftlinge ermöglichen wird. Die Zeitung "Milliyet" wies am Freitag darauf hin, dass einige bestehende Restriktionen bei der Reform unangetastet blieben oder sogar noch verschärft würden. So könnten Demonstrationsteilnehmer künftig wegen Unterstützung einer verbotenen Organisation verfolgt werden, wenn sie bei einer Kundgebung Poster der PKK oder anderer verbotener Gruppen bei sich trügen. (afp)