Berlin. . Drei Jahre nach Bekanntwerden zahlreicher Fälle von Kindesmissbrauch an Schulen und Heimen will der Bund längst beschlossene Hilfen für Opfer nun tatsächlich auf den Weg bringen. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) mahnt beim geplanten Hilfsfonds für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Familie zur Eile. Bislang haben die Länder mit dem Hinweis auf ungeklärte Rechtsfragen ihren Anteil verweigert.

Sie warten auf Hilfen, sie warten auf Therapieplätze – und sie hoffen auf ein Signal der Politik. Doch erst jetzt, mehr als ein Jahr nach dem Ende des Runden Tischs für die Opfer sexuellen Kindesmissbrauchs, kommt Bewegung in den Streit um die staatliche Unterstützung für Missbrauchsopfer. Es wird höchste Zeit: Die Wahlperiode endet in wenigen Monaten, was jetzt nicht zügig beschlossen wird, liegt lange auf Eis.

100 Millionen Euro wollten Bund und Länder für die Opfer familiären Missbrauchs bereitstellen, doch die Mehrheit der Länder verweigert mit Hinweis auf ungeklärte Fragen ihren Anteil. Die Bundesregierung erwägt nun, den Hilfsfonds auch ohne die Länder einzurichten – mit 50 Millionen Euro. „Noch in dieser Legislaturperiode“ will Familienministerin Kristina Schröder (CDU) den Fonds einsetzen. „Ich kann nachvollziehen, dass viele Opfer unzufrieden sind.“ Menschen, die seit Jahren auf therapeutische Hilfe warten, dürfe man nicht länger allein lassen.

Sachleistungen bis 10 000 Euro

Das finanzielle Hilfssystem für Betroffene, die nicht im familiären Umfeld, sondern in privaten oder öffentlichen Einrichtungen Opfer von Missbrauch geworden sind, soll dagegen bereits in wenigen Wochen starten. Die Verhandlungen mit 13 Dachverbänden – darunter die Kirchen, AWO, Caritas und Diakonie – seien fast abgeschlossen, erklärte Schröder beim Treffen der Mitglieder des Rundes Tisches in Berlin. Über dieses „Ergänzende Hilfesystem“ sollen Missbrauchsopfer Sachleistungen wie Therapiekosten bis zu 10 000 Euro erhalten. Geplant sind regionale Beratungsstellen unter dem Dach des „Weißen Rings“.

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Bewegung gibt es auch beim koalitionsinternen Streit um das neue Gesetz zur Stärkung der Rechte von Missbrauchsopfern. Vor allem bei der Frage der Verjährungsfristen waren sich Union und FDP lange nicht einig. Das Gesetz sieht vor, die zivilrechtliche Verjährungsfrist von drei auf 30 Jahre zu verlängern. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hofft mit Blick auf die ablaufende Wahlperiode auf eine schnelle Einigung: „Es wäre verheerend, wenn das Gesetz scheiterte.“