Berlin. Erst waren es zwei Transportflugzeuge mit 14 Mann Besatzung. Jetzt beteiligt sich die Bundeswehr mit bis zu 330 Soldaten an der Krisenbewältigung in Mali. Wie lange der Einsatz dauern wird, weiß niemand. Und auch nicht, wie gefährlich er wird.
Eines hat die deutsche Politik aus jetzt schon mehr als elf Jahren Afghanistan-Einsatz gelernt: Vor Prognosen über die Länge und Entwicklung solcher Missionen sollte man sich hüten. Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) weiß inzwischen: "Die Hauptlektion ist: Geduld zu haben." Folglich geht Berlin an die neue Mali-Mission, für die das Bundeskabinett am Dienstag gleich zwei Mandate auf den Weg brachte, sehr vorsichtig ran. "Niemand kann heute sagen, ob der Einsatz ein, zwei oder drei Jahre dauern wird", sagt de Maizière. Und auch, dass es "gefährlich" werden könnte.
Zunächst einmal sind die beiden Mandate zur Entsendung von bis zu 330 Bundeswehr-Soldaten in das westafrikanische Krisenland auf ein Jahr befristet. Um es genau zu machen: bis zum 28. Februar 2014. Das ist in solchen Fällen üblich. Auch im Bundestag, dessen Zustimmung als sicher gilt, legt sich niemand gern länger fest.
Teil eins der Mission - die Unterstützung des Kampfeinsatzes französischer und afrikanischer Truppen gegen Islamisten mit Transport- und Tankflugzeugen - könnte in diesem Zeitraum durchaus abgeschlossen werden. Teil zwei jedoch - die Ausbildung der malischen Armee, wie von der Europäischen Union am Montag beschlossen - dürfte deutlich länger dauern.
Die Truppe ist in einem desolatem Zustand. Vor dem Militärputsch im März 2012 gehörten ihr 7500 Soldaten an. Wie viele es heute sind, weiß niemand ganz genau. Schätzungen reichen von weniger als 2000 bis 3500 Soldaten. Die EU soll nun zunächst vier Bataillone ausbilden, also etwa 2500 Soldaten. Die Bundeswehr soll sich vor allem darum kümmern, Pioniere für die Regierungstruppen heranzuziehen.
Ein paar tausend malische Sicherheitskräfte sollen also künftig eigenständig gegen die Islamisten ankommen, die über Monate den Norden des Landes unter ihrer Kontrolle hatten. Zum Vergleich: In Afghanistan hat die Nato eine Armee von mehr als 300 000 Soldaten aufgebaut, um mit den Taliban fertig zu werden. Mali ist doppelt so groß wie Afghanistan - es gibt nur nicht so viele und so hohe Berge.
Die malische Armee kämpft teilweise untereinander
Die malische Armee ist zudem zerstritten. Kürzlich kam es in der Hauptstadt Bamako sogar zu einer Schießerei zwischen Putschisten und Anhängern der ehemaligen Regierung. Zudem wirft Amnesty International auch Regierungstruppen schwere Menschenrechtsverletzungen vor, darunter Hinrichtungen ohne Gerichtsprozess. "Viele Leute haben regelrecht Angst, vom Militär verhaftet zu werden oder noch Schlimmeres zu erleiden", sagte Amnesty-Delegationsleiter Gaétan Mootoo nach einer zehntägigen Reise ins Kriegsgebiet.
Auch interessant
Es gibt also viel zu tun für die Mali-Truppe der EU, der höchstens 500 Soldaten angehören sollen. Der größte Teil davon sind Sicherungskräfte und Unterstützer. Die Bundeswehr kann immerhin auf eine gewisse Erfahrung in Mali zurückgreifen. Bereits vor dem Militärputsch im März 2012 waren über Jahrzehnte deutsche Berater in dem kleinen Ort Bapho am Niger stationiert. Auch damals ging es schon um die Ausbildung von Pionieren.
Daran soll jetzt angeknüpft werden. Vor allem für die Entschärfung von Sprengfallen und Minen sollen die malischen Soldaten trainiert werden. Der deutschen Ausbildertruppe werden 40 Soldaten angehören. Hinzu kommen 40 Sanitäter und Ärzte, die ein Feldlazarett betreiben. Zum Schutz werden ihnen französische Kampfsoldaten zur Seite gestellt. Die Ausbildung soll nur in sicherer Umgebung stattfinden. Die Begleitung malischer Soldaten in Kampfeinsätze - wie bei der Ausbildung in Afghanistan üblich - zählt nicht zum Kursprogramm.
De Maizière: "Kein Einsatz ist ein Spaziergang"
De Maizière geht trotzdem davon aus, dass der Einsatz gefährlich werden kann. "Kein Einsatz ist ein Spaziergang", warnte er am Dienstag nach dem Beschluss des Bundeskabinetts. "Ich will keine Illusionen darüber lassen, dass auch dieser Einsatz eine ernste Angelegenheit ist und auch gefährlich sein kann."
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) betonte bei der Gelegenheit, was er in solchen Fällen inzwischen immer sagt: dass mit militärischen Mitteln allein nichts zu regeln ist. "Wenn der Einsatz in Mali erfolgreich sein soll, dann ist es ganz entscheidend, dass der politische Prozess auch vorangetrieben wird." Auch das ist eine Lektion, die die deutsche Politik in Afghanistan gelernt hat.