Berlin. Das amerikanische Wiesenthal-Zentrum hat seine Vorwürfe im Antisemitismus-Streit mit dem Journalisten Jakob Augstein erneuert. Bisher prangerte die US-Organisation lediglich dessen Artikel an - jetzt wird es persönlich. Abraham Cooper unterstellte Augstein “mittelalterliche Vorurteile“ gegen Juden.
Das amerikanische Simon-Wiesenthal-Zentrum hat seine Antisemitismus-Vorwürfe gegen den Publizisten und Verleger Jakob Augstein verschärft. "Ja, wir haben es mit einem Antisemiten zu tun", sagte der Rabbiner Abraham Cooper am Donnerstag in Berlin. Zuvor hatte das Zentrum Augstein wegen israelkritischer Artikel unter den Top Ten einer Rangliste der weltweit schlimmsten antisemitischen Ausfälle geführt.
Augstein wies die Vorwürfe zurück: "Mit Antisemitismus-Vorwürfen, wie sie das Wiesenthal-Zentrum gegen mich erhebt, wird Politik gemacht und versucht, die Öffentlichkeit zu kontrollieren. Denn im Kern geht es hier um die aggressive Sicherheitspolitik Israels, um die ein Schutzwall vor zu harter Kritik in den deutschen Medien errichtet werden soll."
Cooper: "Augstein muss sich entschuldigen"
Cooper ist beim Simon-Wiesenthal-Zentrum für die Erstellung der Rangliste zuständig. Das Zentrum mit Hauptsitz in Los Angeles kämpft weltweit gegen Rassismus, Antisemitismus, Terrorismus und Völkermord und setzt sich für die Förderung von Toleranz ein. Es ist mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern und Kollaborateuren bekanntgeworden.
Als Grundlage für seine persönliche Attacke nannte Cooper ein "Spiegel"-Streitgespräch, das Augstein mit dem Präsidenten des Zentralrates der Juden, Dieter Graumann, nach Veröffentlichung der Liste geführt hatte. Er habe dabei die Chance verstreichen lassen, sich für seine israelkritischen Texte zu entschuldigen und seine Äußerungen zu relativieren. Eine Debatte mit Augstein lehnte Cooper ab. "Er muss sich entschuldigen, nicht bei mir, sondern bei den Juden."
Noch Anfang Januar hatte Cooper betont: "Wir sprechen nicht von der Person, sondern von den Zitaten." Es liege an Augstein, wie er sich zu dem Thema nun verhalte. Im "Spiegel" hatte Augstein unter anderem gesagt, dass er in der Frage der Beziehungen zu Israel in einem Rollenkonflikt stehe: "Als Deutscher möchte ich behutsam sein. Als Journalist will ich aber ehrlich sein."
Augstein habe "mittelalterlichen Vorurteile"
Besonders heftig ging Cooper am Donnerstag mit Äußerungen Augsteins zu orthodoxen Juden ins Gericht, die der Journalist mit islamischen Fundamentalisten verglichen habe. Die Orthodoxen legten weder Bomben noch würden sie Gewalt predigen. Er diffamiere damit zehn Prozent der Bevölkerung Israels. Es zeuge von "Chuzpe", wenn ein Journalist mit Zugang zu deutschen Medien solche "mittelalterlichen Vorurteile" gegen Juden verbreite. Auch die These von einer angeblichen atomaren Bedrohung Israels sei unbewiesen.
"Ich finde es unseriös, wenn solche schweren Vorwürfe gegen mich erhoben werden und gleichzeitig eine Debatte verweigert wird", sagte Augstein der dpa. "Da zeigt sich ein sonderbares Verständnis von demokratischer Öffentlichkeit. Rabbi Cooper ist kein Richter und ich bin kein Angeklagter." Zur Debatte stünden zwei Themen: Israels Sicherheitspolitik und der Antisemitismus in Deutschland. "Über beides muss man reden. Man sollte es aber nicht ungebührlich vermengen." (dpa)