München. Die Abstriche, die Arbeitnehmer hinnehmen müssen, wenn sie früher aus dem Erwerbsleben scheiden steigen - dennoch geht eine wachsende Zahl von Menschen vor dem 65. Lebensjahr in Rente. Über die Ursachen ist wenig bekannt - laut Statistik haben viele Frührentner überdurchschnittlich gut verdient.

In Deutschland sind noch nie so viele Menschen vorzeitig in Rente gegangen wie im Jahr 2011 - trotz der damit verbundenen finanziellen Einbußen. 2011 bezogen knapp 700 000 Menschen erstmalig Altersrente. Knapp die Hälfte von ihnen, fast 337 000, bekam nicht ihr volles Ruhegeld ausgezahlt. Es war im Schnitt 107,40 Euro niedriger, als wenn die Betroffenen bis zur Regelaltersgrenze von damals 65 Jahren gearbeitet hätten. Das geht aus Zahlen der Deutschen Rentenversicherung hervor, über die die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstag) zuerst berichtete.

Der Anteil der Frührentner an allen Neurentnern kletterte binnen Jahresfrist von 47,5 auf 48,2 Prozent. 2005 waren es nur 41,2 Prozent gewesen. Besonders betroffen sind nach den der dpa vorliegen Erhebungen der Rentenversicherung Beschäftigte im Gesundheitswesen sowie Kraftfahrer. Frührentner, die Abschläge in Kauf nehmen müssen, kommen aus allen Branchen. In 23 von 39 ausgewählten Berufsgruppen lag der Anteil der neuen Ruheständler mit weniger Geld den Angaben zufolge bei mehr als 60 Prozent.

Offenbar steigen vor allem Besserverdienende und Vermögende aus

Aus der Statistik geht hervor, dass die Frührentner im Durchschnitt 36,25 Monate früher als gesetzlich vorgesehen aus dem Berufsleben ausschieden. Dabei stieg der Anteil der Frauen: Von 36,1 Prozent auf 51,7 Prozent im Jahr 2011. Bei der Rentenversicherung hieß es dazu, es gebe über die Gründe der Frühverrentung keine gesicherten Erkenntnisse.

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Damit bleibt offen, wer gezwungenermaßen und wer freiwillig vorzeitig die Arbeit quittiert. Viele waren vorher krank oder arbeitslos. Andere stehen finanziell so gut da, dass sie sich den vorzeitigen Abschied aus dem Arbeitsleben leisten können. Die Statistik zeigt, dass die Frührentner im Schnitt besser als der Durchschnitt verdient haben. Viele haben auch ausreichende geerbt.

Aus Sicht von Gewerkschaften und Sozialverbänden verstärkt die 2012 eingeführte Rente mit 67 die Gefahr von Altersarmut, zumindest für jene, die nicht bis zur neuen Altersgrenze arbeiten können. Diese wird schrittweise bis auf 67 Jahre angehoben.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Beschäftigungsquote der 60- bis 64-Jährigen dem Bericht zufolge auf 29,3 Prozent gestiegen. Allerdings hatten von den 64-Jährigen im Juni 2012 nur 14,2 Prozent einen Job, ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Die Arbeitslosenquote der über Sechzigjährigen liegt mit 8,3 Prozent über dem Durchschnitt. (dpa)