Düsseldorf/Bonn. . Bonn soll Regierungssitz bleiben. Das will der NRW-Landtag und kämpft dafür gemeinsam. In einem Antrag fordern alle fünf Fraktionen die klare Bestätigung von der Bundesregierung. Auslöser für die Debatte waren Peer Steinbrücks Worte, dass Zeiten von doppelten Standorten irgendwann zu Ende gehen.

Der NRW-Landtag wehrt sich gegen die Aushöhlung des Bonn-Berlin-Gesetzes „durch die Hintertür“. In einem gemeinsamen Antrag forderten alle fünf Fraktionen ein klares Bekenntnis der Bundesregierung, dass Bonn zweiter Regierungssitz bleibt. Derzeit haben sechs Bundesministerien ihren ersten Dienstsitz am Rhein.

Trotz klarer Absprachen, dass 50 Prozent der Beschäftigten in Bonn bleiben sollen, ist die Zahl der Ministerialen seit 1994 von 11 000 auf 8000 geschrumpft, während heute in Berlin 10 000 statt früher 6000 Mitarbeiter in Bundesministerien arbeiten.

FDP warnt davor Familien hin und her zu schieben

Auslöser der Landtagsdebatte war ein Interview des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, in dem der erklärte, dass „die Zeiten von doppelten Standorten der Ministerien irgendwann zu Ende gehen“. Der FDP-Abgeordnete warnte aber eindringlich davor, „Tausende Familien wie Schachfiguren hin und her zu schieben“.

Die Landesregierung müsse die Irritationen durch Steinbrück ausräumen. Papke pochte auf die Grundarchitektur beim Staatsaufbau der der Bundesrepublik, die den Zentralismus verhindere. „Die Bundesrepublik wird nicht von Berlin regiert.“

Angst vor Entpolitisierung von Berlin aus

In der Debatte äußerte Bundesratsministerin Angelica Schwall-Düren (SPD) die Sorge, dass der Bund eine Entpolitisierung Bonn vorbereite. Gegen den Rutschbahneffekt bei den Bundesministerien müssten mehr als bisher wirksame Strategien entwickelt werden. Während Steinbrück nur Überlegungen angestellt habe, höhle die Bundesregierung das Bonn-Berlin-Gesetz schleichend in der Praxis aus, klagte Schwall-Düren.

Die fünf Fraktionen sehen „keinen Grund, an der bewährten und dauerhaften Aufgabenteilung zwischen Bonn und Berlin zu rütteln“. Nach Angaben des Grünen-Abgeordneten Horst Becker wäre ein vollständiger Umzug der Regierung nach Berlin mit Kosten von über fünf Milliarden Euro deutlich teurer als ein Doppelsitz.

Bis zu 15 Millionen Euro Mehraufwand

Die SPD-Abgeordnete Renate Hendricks bezifferte den Mehraufwand durch zwei Sitze der Bundesregierung auf 10 bis 15 Millionen Euro pro Jahr. Eine faire Arbeitsteilung sei preiswerter und für die Demokratie besser, lehnte Hendricks einen heimlichen Abschied des Bundes aus Bonn entschieden ab.

Auch interessant

In Bonn haben die Ministerien Bildung, Umwelt, Landwirtschaft, Verteidigung, Entwicklung und Gesundheit ihren Hauptsitz. Die Ressorts mit Dienstsitz Berlin müssen darüber hinaus Nebenstellen in Bonn aufrechterhalten. Der Grünen-Abgeordnete Becker kritisierte aber, dass das Bonn-Berlin-Gesetz „kontinuierlich gebrochen“ und seit Jahren getrickst werde.

FDP kündigt entschiedenen Widerstand an

Es sei weniger ein Problem, was ein „Vortragsreisender“ sage, stichelt Becker gegen den Bonner SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück. Schlimmer sei die Tendenz, dass das Verteidigungs- sowie das Wissenschaftsministerium schrittweise nach Berlin wechselten. Die Piraten kritisierten Steinbrücks mangelnde Verlässlichkeit für Bonn.

In der harmonischen Debatte erinnerte FDP-Mann Papke daran, dass der Bonn-Berlin-Beschluss 1994 ohne die Zusage der fairen Arbeitsteilung im Bundestag keine Mehrheit erhalten hätte. Deshalb müsse an den Regelungen festgehalten werden. „Wir kommen auch nicht dahin, den Solidarpakt in Frage zu stellen.“ Wer klammheimlich die ganze Bundesregierung nach Berlin verschieben wolle, treffe auf den entschiedenen Widerstand in NRW.