Berlin. Vor 50 Jahren besiegelte er die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich: der Élyséé-Vertrag. Den Jahrestag der Unterzeichnung feierten am Dienstag die Parlamente beider Länder mit einer gemeinsamen Sitzung in Berlin und vereinbarten dabei, in Zukunft noch enger zusammenzuarbeiten.

Ein halbes Jahrhundert nach Unterzeichnung des Élysée-Vertrages haben sich Deutschland und Frankreich zu einer noch engeren Zusammenarbeit in der Zukunft verpflichtet. Bei einer Serie von Feierlichkeiten in Berlin beschworen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande am Dienstag die gemeinsame Verantwortung für Europa. Die Kooperation in der Außen- und Verteidigungspolitik soll intensiviert werden. Merkel machte aber keine Zusagen für weitere Unterstützung Frankreichs beim Militäreinsatz in Mali.

Die Kanzlerin und der Präsident vereinbarten, bis Mai gemeinsame Vorschläge für eine tiefere wirtschaftspolitische Kooperation in Europa vorzulegen. Mit einem gemeinsamen Kompromissvorschlag soll auch eine Einigung über den künftigen EU-Haushalt erreicht werden. Hollande sagte: "Es gilt, Europa Vertrauen in seine Zukunft zu vermitteln." Deutschland und Frankreich müssten als Motor darauf achten, andere europäische Länder einzubinden. "Aber wir sind diejenigen, die zeigen müssen, wohin der Weg geht."

Berlin empfing 400 französische Abgeordnete zur Jahrestag-Feier

Etwa 400 französische Abgeordnete und zahlreiche Regierungsmitglieder waren aus Paris zu den Feierlichkeiten des 50. Jahrestages des Vertrages gekommen. Am 22. Januar 1963 hatten der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer und Staatspräsident Charles de Gaulle im Pariser Élysée-Palast die Aussöhnung der einstigen Erbfeinde und Kriegsgegner besiegelt. Am Dienstag kamen nach einer gemeinsamen Kabinettssitzung die Abgeordneten zu einer feierlichen Sitzung von Bundestag und französischer Nationalversammlung zusammen.

Kanzlerin Angela Merkel würdigte den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag in ihrer Ansprache als Grundlage für die Einigung Europas. Der am 22. Januar 1963 unterzeichnete Elysée-Vertrag habe "die deutsch-französischen Beziehungen auf eine völlig neue politische Grundlage gestellt", sagte Merkel am Dienstag bei einer gemeinsamen Sitzung der Abgeordneten von Bundestag und französischer Nationalversammlung in Berlin. Dies sei "nicht nur für uns in Deutschland und Frankreich von allergrößter Bedeutung, sondern für ganz Europa".

Hollande sieht die deutsch-französischen Beziehungen als maßgelblich für Europa

Frankreichs Staatschef François Hollande mahnte in seiner Rede im Bundestag, die Freundschaft zwischen beiden Staaten dürfe nicht als ein "langer ruhiger Weg" gesehen werden. So habe sich der damalige französische Staatschef Charles de Gaulle 1963 unzufrieden über eine vom Bundestag zum Elysée-Vertrag hinzugefügte Präambel gezeigt, welche die guten Beziehungen Deutschlands zu den USA betont, sagte Hollande. Die deutsch-französischen Beziehungen seien aber maßgeblich bei der Entwicklung Europas gewesen. So sei es zuletzt beiden Staaten gelungen, in der Eurokrise den Zusammenhalt der Eurozone zu bewahren. "Heute geht es darum, neue Perspektiven aufzuzeigen, die sich unserem Erbe als würdig erweisen."

Für Heiterkeit und Applaus sorgte zu Beginn der Sitzung Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU): "In jeder langjährigen, stabilen Beziehung gibt es Phasen der Leidenschaft und solche der Vernunft", sagte er den Abgeordneten und fügte hinzu: "Im Augenblick befinden sich unsere beiden Länder eher in einer Phase der leidenschaftlichen Vernunft als der romantischen Verliebtheit." Dies müsse aber "kein Nachteil sein". "Unsere Nachbarn in Europa und unsere Partner in der Welt können mit der Normalisierung der Beziehungen zwischen uns und ihnen sehr gut leben, besser als jemals zuvor in der europäischen Geschichte", sagte Lammert.

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Deutsche und französische Parlamentarier verabschieden gemeinsame Erklärung

In einer gemeinsamen Erklärung, die von den Parlamentariern verabschiedet werden sollte, heißt es unter anderem, Europa stehe vor großen ökonomischen und politischen Herausforderungen. Die deutsch-französische Zusammenarbeit müsse gerade in Krisenzeiten für ein weiteres Zusammenwachsen der EU genutzt werden. "Dieses Zusammenwachsen darf nicht auf Wirtschafts- und Währungsfragen reduziert werden, sondern muss vor allem der Jugend in Europa eine neue Perspektive für Bildung, Beschäftigung und Wachstum geben."

Auch die Zusammenarbeit im Kulturbereich soll ausgebaut werden. Kulturstaatsminister Bernd Neumann und seine französische Amtskollegin Aurélie Filippetti vereinbarten, gemeinsam etwa für den Schutz des Urheberrechts im Internet einzutreten. Auch beim Kulturkanal Arte und im Bereich des Films soll die Zusammenarbeit erweitert werden. Darüber hinaus wird das Budget des Deutsch-Französischen Jugendwerks um zwei Millionen Euro aufgestockt. Merkel betonte das Ziel, junge Menschen stärker anzusprechen, die aus eher bildungsfernen Schichten kämen.

Frankreich ist Deutschlands wichtigster Handelspartner: Von Januar bis November 2012 wurden nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes vom Dienstag Waren im Wert von 97,5 Milliarden Euro nach Frankreich exportiert. Zugleich führte Deutschland französische Waren im Wert von 60,2 Milliarden Euro ein. Seit 1961 ist Frankreich demnach ohne Unterbrechung der wichtigste Abnehmer für Deutschlands Exporteure. (dpa/afp)