Peking. Chinas Hauptstadt hat wegen des Smogs erste Fahrverbote zumindest für Dienstwagen verhängt. Fabriken müssen ihren Schadstoffausstoß reduzieren. Immer mehr Pekinger werden wegen der Luftbelastung krank. Umweltaktivisten sprachen am Montag von der „schlimmsten Smoglage“ in der Geschichte der chinesischen Hauptstadt.
Erstmals hat Peking die Smog-Alarmstufe Orange verhängt. Wegen der andauernd „gefährlichen“ Luftverschmutzung wurden der Schadstoffausstoß der Industrie reduziert und begrenzte Fahrverbote verhängt. Umweltaktivisten sprachen am Montag von der „schlimmsten Smoglage“ in der Geschichte der chinesischen Hauptstadt.
Die Gesundheitsbehörden rieten den Pekingern, möglichst wenig vor die Tür zu gehen. Alte, Kranke und Kinder sollten ganz daheimbleiben.
Seit fünf Tagen hält die „gewährliche“ Luftverschmutzung an, Orange ist die zweithöchste Alarmstufe. Als Reaktion mussten 58 Unternehmen in Branchen wie der Metall- und Chemieindustrie die Produktion einstellen. Sie gehören zu den schwersten Luftverschmutzern der Region, berichtete die Stadtregierung.
Auch Baustellen stillgelegt
In 41 weiteren Fabriken sowie in der Zementindustrie sei der Schadstoffausstoß um mehr als 30 Prozent verringert worden. An 28 Baustellen seien staubproduzierende Erdarbeiten eingestellt worden. Auch die Autofabrik des südkoreanischen Herstellers Hyundai sowie eine Zementfabrik stoppten die Produktion.
Der Notfallplan sieht auch vor, dass 30 Prozent der Autos von Regierung, Partei und Stadtverwaltung stehen bleiben sollen. Der private Autoverkehr lief aber ungehindert weiter.
Kinder und Alten sollen drinnen bleiben
Wegen des seit Donnerstag andauernden, für Peking ungewöhnlich heftigen Smogs meldeten Krankenhäuser einen „starken Anstieg“ von Atemwegserkrankungen sowie Herz- und Kreislaufproblemen. Im Luftwaffen-Hospital stieg die Zahl der Patienten um 30 Prozent, im großen Chaoyang-Hospital um 10 bis 30 Prozent, wie die Zeitung „Beijing Chenbao“ berichtete.
Der Smog setzt vor allem älteren Menschen und Kindern zu. Im Kinderkrankenhaus wurden vermehrt Atemwegsleiden behandelt. Auch gab es zunehmend Herz- und Kreislaufprobleme, wie Staatsmedien berichteten. Nach dem Notfallplan wurden alle Freiluftaktivitäten von Grund- und Mittelschülern in extrem belasteten Stadtteilen der 20-Millionen-Metropole vorerst bis Dienstag ausgesetzt. Die Stadtregierung riet zudem den 20 Millionen Einwohnern der Hauptstadt, möglichst nicht vor die Tür gehen oder sich ansonsten mit Atemschutzmasken zu schützen.
Windstille verstärkt die Lage
Peking leidet ohnehin unter einer starken Luftverschmutzung. Seit Donnerstag wird eine bisher ungekannte dramatische Entwicklung verzeichnet. So stiegen die Werte für den besonders gefährlichen Feinstaub, der über die Lunge direkt ins Blut gehen kann, an mehreren Messstationen mehr als 700 Mikrogramm pro Kubikmeter. Am Samstag wurde die Rekordmarke von 993 gemeldet, am Montag lagen sie wieder bei 245 Mikrogramm. Doch selbst dieser Wert liegt deutlich über den 25 Mikrogramm pro Kubikmeter in 24 Stunden, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für unbedenklich hält.
„Die hohen Messzahlen stellen eine extreme Luftverschmutzung dar“, sagte der Umweltprofessor Zhu Tong von der Peking Universität. „Die Schadstoffe haben sich über die windstillen Tage angesammelt.“
Luftreiniger und Mundschutz sind Verkaufsschlager
Zum Schutz gegen den Feinstaub kauften viele Bürger Pekings teure Luftfilter und Atemmasken. Die große Elektronik-Kaufhauskette Suning setzte nach eigenen Angaben neunmal mehr Luftreiniger als sonst um. Apotheken meldeten ein Vielfaches der normalen Nachfrage nach verschiedenen Mundschutzmodellen. In Online-Verkaufsbörsen stieg der Verkauf seit Freitag um das Zehnfache, wie Xinhua berichtete. Besonders aufwendige Masken gegen Feinstaub waren gefragt.
Am Dienstag sollte sich die Lage wieder verbessern, heißt es bei der Wetterbeobachtungsstelle von Peking. Wissenschaftler machten die extreme Windstille für den dichten Smog verantwortlich. Die Umweltorganisation Greenpeace prangerte den steigenden Kohleverbrauch an, der zu zwei Drittel den Energiebedarf Chinas deckt und insgesamt verringert werden müsse. "Die Luftverschmutzung kommt aus der ganzen Region. Wenn nur Peking allein etwas tut, kann es keine spürbaren Ergebnise bringen", sagte Sprecherin Zhou Hong der Nachrichtenagentur dpa in Peking. Nachdem die Stadtregierung vor einem Jahr noch die Luftverschmutzung geleugnet hatte, sah Greenpeace jetzt Fortschritte. Die ergriffenen Maßnahmen seien aber nur vorübergehend, nicht ausreichend und müssten regional ergriffen werden.
"Chinas Umweltverschmutzung akkumuliert sich", attestierte die "Global Times", die vom Parteiorgan "Volkszeitung" herausgegeben wird. Behörden müssten aufhören, "die Probleme zu vertuschen und stattdessen die Fakten offenzulegen", um die Öffentlichkeit einzubinden. Der Smog in Peking und anderswo sei ein "Weckruf": "Wenn wir diesen Entwicklungspfad weitergehen, anstatt ihn zu korrigieren, werden die langfristigen Schäden gravierend sein." (dpa/dapd)