Süd.

Vor allem Besitzer älterer Autos haben für die Einrichtung der Umweltzone in Duisburg und im Ruhrgebiet Opfer bringen müssen, ihre Fahrzeuge abstellen oder mit Diesel-Partikelfiltern nachrüsten müssen. 2008 war die Umweltzone eingeführt worden. Sie wurde inzwischen vom mittleren Teil des Stadtgebietes aus deutlich erweitert. 2013 werden die darin geltenden Fahrverbote verschärft. Auch Diesel-Autos mit roter Plakette (Euro-2-Einstufung) erhalten dann Fahrverbot, 2014 sogar die mit gelber Platte (Euro 3). Dabei kommt eine Bewertung des Kommunalen Umweltamtes jetzt zu dem Schluss: Selbst mit diesen Verschärfungen ist die Feinstaub-Problematik in Duisburg nicht zu lösen. Industrie und Binnenschifffahrt, so wird darin gefordert, müssen einen stärkeren Beitrag dazu leisten. Vor allem aber müsse am Umdenken beim Verkehrsverhalten gearbeitet werden.

Feinstaub wird in zwei Größen erfasst: als PM10-Teilchen mit maximal zehn Millionstel Meter Größe und als PM2,5-Teilchen mit maximal 2,5 Millionstel Meter Größe. Besonders Letztere haben erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit. Weil sie noch tiefer in die Lunge eindringen, werden sie für die Zunahme der Todesfälle mit Herz-Kreislauf- sowie Atemwegserkrankungen mit verantwortlich gemacht. Und es gibt keine Grenze der Ungefährlichkeit.

Was im Kommunalen Umweltamt kritisch gesehen wird: Offensichtlich reichen die Auflagen für die Industrie im geltenden Luftreinhalteplan des Landes nicht aus, ist sie doch Hauptverursacher beim PM10-Feinstaub. So sollten die großen Hüttenwerke in der Stadt noch ihre Elektrofilter bei der Raumentstaubung ertüchtigen und Umschlaganlagen für staubende Güter einhausen.

3831 Tonnen PM10 stößt die Industrie im Jahr über Duisburg aus, sämtliche Verkehrsmittel bringen es zusammen nur auf ein Zehntel dieser Menge, auf 353 Tonnen, darunter der Straßenverkehr mit 180 Tonnen, die Schifffahrt mit 62 Tonnen, der Schienenverkehr mit 37 Tonnen und andere Verkehrsmittel mit 71 Tonnen. Der Hausbrand stößt im Jahr 84 Tonnen aus.

Hauptsächlich beim Straßenverkehr setzten die Gegenmaßnahmen an. „Frühere Auflagen für die Industrie“, sagt Peter Heise vom Umweltamt, „hatten zunächst zu einer deutlichen Luftverbesserung beigetragen.“ Zur Zeit gebe es Schwierigkeiten dabei, die Anteile einzelner Anlagen überhaupt greifbar zu machen, als Voraussetzung für weitere Auflagen. Die insgesamt geringeren Staubmengen im Straßenverkehr wirken sich vor allem in engen, beidseitig bebauten „Straßenschluchten“ aus.

Nach einer Auswertung der sieben Messstationen für 2010 und 2011 kommt Peter Heise indes zu einer kritischen Bewertung. Dabei hat er festgestellt, dass die Jahresbelastung, gemessen am Jahresdurchschnittswert von 40 Millionstel Gramm PM10-Fein­staub je Kubikmeter Luft, leicht rückläufig war. Betrachtet man aber die Anzahl der Tage, an denen der zulässige Tagesmittelwert von 50 Millionstel Gramm überschritten wurde, so wiesen 2011 gegenüber 2010 fast alle Stationen unzulässige Überschreitungen auf, während es 2010 nur die in Industrie­nähe waren. Und auch nur, wenn man den für die Stadt gewährten Sonderbonus der Europäischen Union bis Sommer 2011 außer acht lässt. Heise macht dafür Hochdruckwetterlagen 2011 verantwortlich, wodurch weniger Luft ausgetauscht wurde und sich so Feinstaub am Boden anreicherte.

Neben dem Feinstaub macht Duisburg der Ausstoß an Stickoxiden (NOx) zu schaffen. Sie reizen die Atmungswege und werden für die Bildung von Saurem Regen, Smog und Ozon verantwortlich gemacht. 18 300 Tonnen davon stößt die Industrie jährlich aus, 5500 Tonnen sämtliche Verkehrsmittel (davon die Schifffahrt mit 2700 Tonnen den größten Anteil, gefolgt vom Straßenverkehr mit 2000 Tonnen). Der Hausbrand verursacht gerade einmal 434 Tonnen.

Vier Messstationen für NOx

Die vier Messstationen für NOx stehen an Hauptverkehrsstraßen, messen so hauptsächlich die Entwicklung beim Straßenverkehr, wo vor allem Dieselfahrzeuge die Verursacher sind. Die Tendenz ist leicht rückläufig, die Belastung aber weiter hoch, zumal es keine Grenze der Unschädlichkeit gibt. Insgesamt, so Peter Heise, halte der Rückgang der NOx-Belastung mit dem beim Feinstaub nicht Schritt.

Aus Sicht des Umwelt-Experten hilft nur ein globaler Ansatz, um deutliche Verbesserungen zu erzielen: Dazu gehören technische Maßnahmen wie die Einführung schadstoffarmer Diesel-Pkw nach Euro 6-Norm ab 2014 ebenso wie Anreize, öffentliche Verkehrsmittel stärker zu nutzen. Verlässlichere „grüne Wellen“ im Straßenverkehr könnten das schädliche Anfahren bei Autos reduzieren. In Bebauungsplänen, wo es sie noch gibt, könnten Auflagen zu umweltfreundlicherER Heiztechnik gemacht werden. Die Fernwärme könnte ausgebaut werden. Ein Umdenken ist für Heise aber global nötig: „Es ist unsere Art des Wirtschaftens, die nicht darauf ausgerichtet ist, uns Gedanken über Luftbelastung zu machen.“ Man könne schwerlich zugleich ermöglichen, um nur ein Beispiel zu nennen, das x verschiedene Paketdienste Tag für Tag jede Wohnstraße anfahren, und zugleich die Luftbelastung dort reduzieren wollen. Im Übrigen berücksichtige die heutige Erfassung von Feinstaub nicht, dass die dank Hochdrucktechnik im Motorenbau zunehmend kleiner werdenden Partikel zu extremer Vergrößerung der Teilchen-Oberflächen führen, die das Lungengewebe angreifen können. „Das ist etwa so, wie wenn sie eine Münze in fünf hauchdünne Scheiben schneiden – sie verfünffachen damit die Oberfläche.“

In der Bezirksvertretung Süd kam SPD-Sprecher Hartmut Ploum jetzt zu einer drastischen Bewertung, sprach von „Augenwischerei und Aktionismus“ der bisherigen Maßnahmen. Und Lütfiye Dogan (Grüne) hielt es für skandalös, dass es für die Binnenschifffahrt keinerlei Abgasgesetze gibt.