Essen. . Bischof Stephan Ackermann, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger, erhebt schwere Vorwürfe gegen den Kriminologen Christian Pfeiffer. Die Schuld am Zerwürfnis zwischen dem Forscher und der Kirche trage allein Pfeiffer.

Nach dem Scheitern der ­Zusammenarbeit mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer und dessen Institut liegt die Aufarbeitung des Missbrauchskandals erst einmal auf Eis. Bischof Stephan Ackermann, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen ­sexuellen Missbrauchs Minder­jähriger, erhebt im Interview schwere Vorwürfe gegen Pfeiffer.

Nach dem Abbruch der Kooperation mit Herrn Pfeiffer ist in der ­Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, die Bischöfe hätten wenig Interesse an der vollständigen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche.

Ackermann: Das Gegenteil ist der Fall. Nicht das Forschungsprojekt ist gescheitert, der Partner des Projekts ist gescheitert. Wir bedauern das, aber ich sage auch in aller Klarheit: Das ­Forschungsprojekt ist von den Bischöfen gewollt und wir führen das durch.

Seit 2010 haben wir einen umfangreichen Maß­nahmen­kata­log nicht nur erstellt, sondern auch abgearbeitet: Das beginnt bei neuen Leitlinien zum Thema, differenzierten Präventionsmaßnahmen und geht bis zur Frage der materiellen Anerkennung erlittenen Leids. Ich kenne keine andere gesellschaftliche Institution unseres Landes, die sich derart engagiert hat. Das sage ich auch denen, die jetzt vorschnell mit dem Finger auf uns zeigen.

Bischof wirft Pfeiffer vor, das Vertrauen zerstört zu haben

Woran lag es aus Ihrer Sicht, dass es zum Scheitern kam?

Ackermann: Bei einem solchen komplexen Projekt brauchen Sie das uneingeschränkte Vertrauen beider Seiten. Darüber waren sich auch beide Partner von Anfang an einig. Dieses Vertrauen ist zerstört worden, weil Professor Pfeiffer in seiner sprunghaften Kommunikation und in seiner dominanten Art immer wieder für neue Irritationen ­gesorgt hat und sich selbst mit kritischen Anfragen sehr schwer tat. Dadurch kam es zu einer wachsenden Entfremdung. Irgendwann war auch ihm klar, dass wir das Projekt nicht werden durchführen können. Am Ende haben wir versucht, zu einer einvernehmlichen Trennung zu kommen. Sie ist ­gescheitert, weil Herr Pfeiffer mit keiner der vorgeschlagenen Formulierungen einverstanden war. Ich glaube, er wollte die große Öffentlichkeit, die er ja auch jetzt hat.

Herr Pfeiffer wirft der Bischofs­konferenz den Versuch der Zensur sowie Aktenvernichtung vor.

Ackermann: Ich bedauere, dass Professor Pfeiffer nur fragmentarisch die Wirklichkeit darstellt: Es ging nicht um Zensur, wie er aus einem Vertragsentwurf herauslesen will, sondern es geht uns um wissenschaftliche Aufarbeitung, die den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte in dem notwendigen Maß wahrt. ­Dazu hat es die entsprechenden Formulierungsvorschläge gegeben – nur: Diese Vorschläge nennt Professor Pfeiffer nicht. Das ist unredlich.

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Auch der Vorwurf der Aktenvernichtung ist nicht korrekt: Das Kirchenrecht sieht vor, dass bei Sittlichkeitsverfahren – in den ­Fällen, die strafrechtlich anhängig waren – ein Tatbestandsbericht und der Wortlaut des Endurteils auf Dauer aufbewahrt werden. Insofern lassen sich keine Straftaten vertuschen und Fallzahlen manipulieren. Es ist also falsch und irreführend, den Eindruck zu erwecken, es gebe eine vom kirchlichen Recht her geforderte Akten­vernichtung, die das Forschungsprojekt behindern würde.

Gespräche mit möglichen neuen Projektpartnern

Wie schätzen Sie den Imageverlust für die Kirche durch die gestoppte Aufklärung ein?

Ackermann: Es ist nicht wahr, dass die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals ganz gestoppt wäre. Richtig ist: Ein Element der Aufarbeitung mit einem bestimmten Partner kommt nicht zustande. Deshalb schmerzt es mich, dass überall zu lesen ist, die Kirche wolle nicht aufklären und das Forschungsprojekt sei gescheitert. In meiner Erklärung am Tag der Kündigung von Professor Pfeiffer ist genau das Gegenteil zu lesen. Ich bitte hier um eine klarere Differenzierung in der öffentlichen Wahrnehmung.

Die Bischofskonferenz steht nun unter Druck, schnell einen neuen Kooperationspartner zu finden, um die Aufarbeitung voranzutreiben.

Ackermann: Wir werden jetzt das Gespräch mit anderen möglichen Projekt­partnern suchen. Ich bin sehr froh, dass sich die ersten bereits ge­meldet haben.