Essen. . Die NRW-Polizei kritisiert Versagen der Politik. Seit 2010 hat Berlin sich nicht um eine gesetzliche Neuregelung zur Nutzung elektronischer Spuren gekümmert. Das Landeskriminalamt kommt deshalb nicht weiter: Weil Internetanbieter die IP-Adressen möglicher Täter nicht herausgeben müssen, fehlen wichtige Hinweise auf Täter, die Kinder für Gewalt-Videos missbrauchen.

Die NRW-Polizei kommt nach eigenen Angaben bei der Aufklärung einiger Verbrechen nicht ­voran, weil Internet- und Telefon­anbieter ihr keine Verbindungsdaten zur Verfügung stellen. Das Landeskriminalamt räumt besondere Probleme bei der Bekämpfung von Kinderschändern, von Betrug bei Banküberweisungen im Internet und von Gaunern ein, die ältere Menschen mit „Enkeltricks“ hereinlegen.

Der Mangel an Daten geht auf ein Urteil des Bundesverfassungs­gerichts von 2010 zurück. Danach dürfen die Anbieter Telefon­nummern, Internet-Adressen sowie Zeitpunkt und Dauer der Kommunikation nur noch kurz zu Abrechnungszwecken speichern und müssen die Daten auch nicht weitergeben.

Eine neue Rechtsgrundlage für die Speicherung, die das Gericht angeregt hatte, gibt es bisher nicht, weil die schwarz-gelbe Bundesregierung keine Einigung erzielen konnte.

Die Ermittlungen des LKA stecken sogar in einem größeren Fall möglicher Kinderschändung fest. Unbekannte haben 2011 im Internet gegen Geld Kinder zum sexuellen Missbrauch angeboten. 2012 tauchten im Netz Vergewaltigungs-Videos auf. Bisher konnte der Zusammenhang nicht ermittelt werden, weil die Fahnder von den Internetanbietern, den Providern, die IP-Adressen der möglichen Täter nicht erhalten.

Ermittlungs-Erfolge in Österreich

Dabei fürchtet die Polizei in Fällen von Kinderpornografie im Internet, dass das Leben der Opfer gefährdet ist. In Chats werde behauptet, dass Straßenkinder gekidnappt würden.

Fast drei Jahre nach dem Urteil gibt es auf Polizeianfragen meist überhaupt keine Antwort der Pro­vider mehr, sagte der Leitende ­Kriminaldirektor Markus Röhrl vom LKA zur WAZ. Die Aufklärungsquoten gingen zurück. Während die Polizei in Österreich nach Einführung der Speicherung im letzten Jahr 19 Fälle zusätzlich klären konnte, legen Deutschlands Landeskriminalämter jetzt eine Datei fehlgeschlagener Ermittlungen an, die sie der mangelnden Verfügbarkeit von Verbindungsdaten anlasten.

Betroffen von Ermittlungsproblemen ist zudem die Aufklärung der zehn Morde der rechtsextremen „Zwickauer Zelle“. Bisher konnte das Bundeskriminalamt keine ­Kontakte des NSU-Trios Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt aus den sechs Monaten vor dem Auffliegen der Gruppe Ende 2011 nachvollziehen. Nur in einem Viertel der Anforderungen erhielt das Amt Auskünfte der Provider.