Berlin. . Ex-Verteidigungsminister Peter Struck ist tot. Mit 69 Jahren starb der SPD-Politiker nach einem Herzinfarkt in Berlin. Mit ihm verliert die Politik einen ihrer letzten Rock’n’Roller. Ein Nachruf von unserem Hauptstadt-Korrespondenten Miguel Sanches.
Peter Struck ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 69 Jahren in einem Berliner Krankenhaus nach einem Herzinfarkt. Erst vor wenigen Tagen war der Sozialdemokrat als Chef der Friedrich-Ebert-Stiftung wiedergewählt worden. Er hatte Pläne und war relativ fit. Sein Tod kam überraschend. Einerseits.
Andererseits war Struck unter den Politikern ein Lebenskünstler und auch einer, dem der Tod stets sehr bewusst war. Seine Kunst war es, einmal mehr aufzustehen, als er umgeworfen wurde, nicht nur politisch, sondern auch persönlich.
Struck hat sein Risiko gekannt -und sein Leben deswegen genossen
1989 erlitt er zwei Herzinfarkte hintereinander und 2004 einen Schlaganfall. Seine Herzschwäche war erblich bedingt. Schon der Vater starb an mehreren Herzinfarkten. Struck hat sein Risiko gekannt und vielleicht gerade deshalb sein Leben immer in vollen Zügen genossen; buchstäblich bei dem Pfeifenraucher.
Er liebte seine Familie, die sieben Enkel. Seine Leidenschaft war – noch vor Borussia Dortmund – sein Motorrad. Und das passt zu einem, der sich in der Politik gern alle Freiheiten nahm; zum Beispiel das zu sagen, was er wollte. Er hatte eine ruppige und direkte Art, mit der er als Verteidigungsminister (2002-2005) die Bundeswehr total für sich einnahm; ausgerechnet Struck, der Ungediente. Unvergessen, wie er in Prizren im Kosovo im Blues-Brothers-Look für seine Soldaten rockte. Ja, mit Peter Struck stirbt tatsächlich einer der letzten Rock ’n’ Roller der Politik. Man hielt ihn für cool, so gab er sich. Aber er war sensibel, verletzbar. „Ich hab’ nah am Wasser gebaut“, sagte er einmal über sich selbst.
Acht Jahre, „maximal!“, wollte er einst im Bundestag bleiben „und später Oberbürgermeister von Göttingen werden, meiner Heimatstadt“. Tatsächlich blieb der Jurist aus Uelzen dann 29 Jahre im Parlament und führte zweimal die SPD-Fraktion an.
Das Struck’sche Gesetz
Auch lange nach seinem Tod wird man sich ans „Struck’sche Gesetz“ erinnern, wonach ein Gesetzentwurf das Parlament nicht so verlässt, wie es in den Bundestag gekommen ist. Längst ist das ein geflügeltes Wort für die Selbstbehauptung des Parlaments gegenüber jeder Bundesregierung.
1943 wurde er geboren, der Vater war Betriebsleiter in einer Werkstatt für Lastwagen, die Mutter Verkäuferin. Kleine Leute. Sohn Peter sollte es besser haben, aufsteigen. Die SPD, der er 1964 beitrat, lag nahe, und wie bei so vielen seiner Generation gab Willy Brandt den Ausschlag. Seine politisch wichtigste Leistung war es, die SPD-Fraktion zusammenzuhalten, gerade in den Jahren der Agenda 2010. Die glücklichste Station war aber das Verteidigungsministerium. Er prägte 2002 den Ausspruch, Deutschlands Freiheit werde „am Hindukusch verteidigt“.
2009 schied Struck aus dem Bundestag aus
Respekt verschaffte er sich über Parteigrenzen hinaus. Für Helmut Kohl war Struck der „Oberstrippenzieher“. Mit Unions-Fraktionschef Volker Kauder hat er sich in der Zeit der Großen Koalition angefreundet. Es war keine Floskel, als Kauder am Mittwoch erklärte, Strucks Tod habe ihn „tief getroffen“.
2009 schied er aus dem Bundestag aus. Zum Abschied bestellte er bei Jever ein paar Kisten Bier. „Peter Struck. Norddeutsch. Echt“, stand auf dem Etikett. So hat er sich gesehen. Ein Freund schenkte ihm für den Ruhestand eine Golfausrüstung. Richtig ist, dass er sich nicht mehr in die Politik einmischte. Doch der Ruhestand war nichts für den Unverwüstlichen. Insgeheim und generalstabsmäßig – gelernt ist gelernt – hatte er sich Pläne für eine zweite Karriere an der Spitze der Ebert-Stiftung gemacht. Vor Tagen war er für zwei Jahre im Amt bestätigt worden. Der Tod pfuschte Struck ins Handwerk.