Berlin.
Der Vorwurf wiegt schwer: Die Apothekenlobby soll einen Maulwurf ins Bundesgesundheitsministerium eingeschleust haben, der sensible Daten nach draußen schmuggelte. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen einen freiberuflichen Pharma-Vertreter. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zeigte sich empört über die „kriminelle Energie“. Die Union forderte Aufklärung von den Apotheken-Verbänden. Diese weisen jedoch jede Schuld von sich.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Berlin soll der freiberufliche Lobbyist mit einem Mitarbeiter des Unternehmens zusammengearbeitet haben, das für die IT-Struktur des Ministeriums zuständig ist. Dieser habe ihm E-Mails, Beschlüsse, Gesetzesentwürfe und andere Daten übermittelt und dafür Geld kassiert.
Ziel der systematischen Spionage war es offenbar, sich über die noch geheimen Gesetzgebungsvorhaben des Ministeriums im Pharma- und Apothekenbereich zu informieren und mit diesem Informationsvorsprung entsprechende Gegenstrategien ergreifen zu können. Das gezielte Ausforschen des Ministeriums soll bereits im Jahr 2010 begonnen haben und sich bis in das laufende Jahr hingezogen haben. Im November habe die Staatsanwaltschaft zugeschlagen sowie Büro und Privatwohnungen durchsucht.
Gesundheitminister Bahr ist „stinksauer“ und „wütend“
Gesundheitsminister Bahr zeigte sich hochgradig verärgert über den Vorfall. „Ich bin stinksauer über diese kriminelle Energie“, sagte der FDP-Politiker der „Bild“-Zeitung. „Das muss die Staatsanwaltschaft schnell aufklären.“
Der Gesundheitsexperte der Union, Jens Spahn (CDU), forderte zudem Aufklärung von den Apotheken-Verbänden. „Wir sind ja durchaus aggressives Lobbying im Gesundheitswesen gewöhnt und können damit gut umgehen. Aber bezahlte Spionage wäre eine neue Qualität, das macht einfach nur fassungslos. Und wütend“, sagte er der Nachrichtenagentur dapd.
Apotheker wehren sich gegen Vorwürfe
Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) wies die Vorwürfe zurück. „Es war nie und es wird nie Politik unseres Hauses sein, die Interessen der deutschen Apothekerschaft per Scheckbuch zu vertreten“, teilte der Verband mit. „Wir lehnen eine auf solche Weise erfolgte Informationsbeschaffung strikt ab und distanzieren uns davon ausdrücklich. Wir gehen deshalb davon aus, dass sich der bestehende Verdacht nur gegen Einzelne richten kann.“
Der Verband erklärte weiter: „Uns ist nicht bekannt, gegen wen sich die Ermittlungen richten. Wir sehen mit Sorge, dass ein ganzer Berufsstand unter Generalverdacht gerät.“ (dapd)