Hannover. . Die Kanzlerin stellt sich beim CDU-Bundesparteitag in 60 Minuten geballtem Eigenlob als die Frau dar, die Kurs hält. Als Parteichefin wird sie mit fast 98 Prozent wiedergewählt. In Hannover fordert sie Jobs und Wohlstand für alle – und lobt ihre eigene Leistung.

Sie trägt schwarz, von Kopf bis Fuß auf Krise eingestellt. Turbulente Zeiten. „Stürmische See“ sagt Angela Merkel den Delegierten des CDU-Parteitages voraus. Im Ostseebad Göhren fand die Kanzlerin an einem Denkmal ihre persönliche Losung: „Gottes sind Wogen und Wind, Segel aber und Steuer, dass ihr den Hafen gewinnt, sind euer“. So sieht sie sich: Sie ist die Frau, die Kurs hält, „mit klarem Kompass steuert“. Es ist der Leitfaden ihrer Rede, 60 Minuten geballtes Eigenlob.

Sieben Minuten und 44 Sekunden lang lässt sich Merkel in Hannover feiern. Mit der Andeutung eines Lächelns schreitet sie der Bühne entlang, zuletzt mit David McAllister an ihrer Seite, der die stehenden Ovationen nötiger hat als Merkel. Er stellt sich im Januar in Niedersachsen zur Wahl, und seiner Koalition mit der FDP droht Schiffbruch.

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Von Marc-André Podgornik

Die Kanzlerin ist keine rhetorische Wuchtbrumme. Und sie hat eine Partei, die ihre Schwächen starkredet. So twittert Oswald Metzger, „eine staatsmännische, eine nüchterne, eine unprätentiöse Rede.“ Das ist der Anbetungsstil, der Schule macht, Merkel wird mit 97,94 Prozent im Amt bestätigt. Wieder stehende Ovationen, diesmal strahlt sie ungehemmt.

Dann redet sie wie eine Sozialdemokratin: Chancen für alle, Jobs für alle, Wohlstand für alle, hier das Plädoyer für Mindestlöhne („ich werde es nicht aufgeben“), dort das hohe Lied auf den Zusammenhalt. Alles sehr gefühlig. Sehr besorgt klingt sie beim Thema Euro („wir sollten vorsichtig bleiben“), sogar leidenschaftlich bei der Frauenquote.

„Meine Geduld bei dem Thema geht zu Ende“, ruft Merkel aus. Sie will Resultate sehen, die Wirtschaft sei in Zugzwang. Es sei nicht zu erklären, dass Frauen beim Abitur, im Studium vorne seien, aber nicht in den Top-Etagen der Wirtschaft.

Kesse Sprüche für den Wahlkampf

Ihren SPD-Herausforderer erwähnt sie nicht, aber ein paar kesse Sprüche übt Merkel schon für den Wahlkampf ein. Die SPD arbeite sich noch immer an der Agenda 2010 ab, „wir arbeiten an der Zukunft“. So oder ähnlich wird sie es noch oft bis September erklären.

Die Riege der Stellvertreter führt Julia Klöckner an: 92,9 Prozent. Ihre Wahl sei ein „Vertrauensvorschuss“, hatte die Powerfrau aus Rheinland-Pfalz schon vorab gesagt. Mit großem Abstand folgen Volker Bouffier, Ursula von der Leyen, Thomas Strobl und NRW-CDU-Chef Armin Laschet mit nur 67,3 Prozent. Man kann nur spekulieren, dass ihm die Nachricht aus NRW geschadet hat, wonach er als CDU-Chef für sich einen finanziellen Nachschlag verlangt haben soll.

Unverbindliche Beschlüsse

Die Personalwahlen prägen den ersten Tag. Ansonsten: halbgare Beschlussvorlagen. Frauenquote ja, aber ganz unverbindllich. Die Erziehungszeiten sollen bei der Rente angerechnet werden, aber die Wohltat steht unter Finanzvorbehalt. Mit der steuerlichen Gleichstellung von homosexuellen Paaren wartet die CDU ab, ob sie vom Verfassungsgericht auch dazu gezwungen wird; ein Urteil steht an. Kein Wort von Merkel zur Schwäche der CDU in Großstädten. Über schwarz-grüne Spekulationen spricht sie nicht, zur FDP steuert sie einen kleinen Scherz bei. Gott habe sie geschaffen, „um uns zu strafen“. Den Spott hat sie aus einer Satiresendung, darüber kann eine Merkel lachen.

Heute wollen die Christdemokraten ihr Wahlprogramm beschließen. Aber eigentlich ist es ganz einfach: Angela Merkel ist Kapitän, Kompass und Kurs. An Leichtmatrosen wird es ihr nicht fehlen.