Brüssel/Berlin. Die Türkei hat bei der NATO formell die Stationierung von Patriot-Raketen an der Grenze zu Syrien beantragt. Dies teilte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Das Militärbündnis werde unverzüglich über den Antrag beraten.

Die Türkei hat bei der NATO die Stationierung von Patriot-Abwehrraketen an der Grenze zu Syrien beantragt. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen teilte am Mittwoch in Brüssel mit, die Militärallianz werde den Antrag des Bündnispartners unverzüglich prüfen. Neben den USA und den Niederlanden verfügt in der Nato nur die Bundeswehr über die modernste Version des Raketenabwehrsystems. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte in Berlin, Deutschland sei zur Entsendung der Raketen in die Türkei bereit. Er habe den deutschen Nato-Botschafter angewiesen, einen solchen Antrag anzunehmen, wenn die Bedingungen erfüllt seien. Die Nato-Botschafter wollten nach türkischen Angaben in Kürze zu Beratungen zusammenkommen. Die niederländische Regierung erklärte, sie werde die Anfrage der Türkei prüfen.

Mit den Patriot-Raketen will die Türkei ihr Territorium vor syrischen Angriffen schützen. Im Zuge des Bürgerkriegs im Nachbarland waren auch auf türkischer Seite der rund 900 Kilometer langen Grenze Granaten eingeschlagen, die die Patriots aber nicht abfangen könnten. Im Grenzgebiet zwischen den beiden Staaten gehen Soldaten von Syriens Präsident Baschar al-Assad gegen Rebellen vor.

Verteidigungsminister de Maizière will Antrag schnell durch Bundestag bringen

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) will die Bitte der Türkei zur Verlegung deutscher "Patriot"-Luftabwehrsysteme an die Grenze zu Syrien spätestens Anfang Dezember durch den Bundestag bringen. "Wir sind entschlossen, diesen Antrag positiv zu beantworten", sagte Maizière am Mittwoch im Bundestag. Dazu werde die Bundesregierung jetzt schnellstmöglich ein Mandat erarbeiten.

Er betonte, dass der geplante Einsatz rein defensiven Charakter habe. Die Türkei bitte die NATO um Hilfe für eine Deeskalation des Grenzkonflikts und schreibe in dem Antrag ausdrücklich, dass damit "in keiner Weise" eine Flugverbotszone unterstützt werden solle.

Zugleich verurteilte de Maizière die Äußerungen des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan zum Konflikt zwischen Israel und den militanten Palästinensern. Dass Erdogan Israel "eine ethnische Säuberung" vorgeworfen habe, sei "indiskutabel" und in der Tonlage und Sache "total daneben", rügte er.

Westerwelle: Ablehnung des Antrags wäre schwerer Fehler

Die Stationierung von Patriot-Raketen würde die Möglichkeiten der Türkei zur Luft-Verteidigung und den Schutz ihrer Bevölkerung und ihres Territoriums verbessern, erklärte Nato-Generalsekretär Rasmussen. „Sie würde dazu beitragen, die Krise an der Südost-Grenze der Nato zu deeskalieren.“

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Westerwelle sagte, eine Ablehnung des Antrags wäre ein schwerer Fehler, der unabsehbare Konsequenzen für das Militärbündnis hätte. „Ich glaube auch, dass eine Abstimmung und eine Befassung des deutschen Bundestages erforderlich ist“, fügte der Außenminister hinzu. Bereits am Montag hatte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière die Bereitschaft Deutschlands zu Stationierung der Raketen bekundet.

Assads Armee greift Rebellen nahe Damaskus an

In Syrien griff die Luftwaffe nahe der Hauptstadt Damaskus nach Angaben von Oppositionellen den zweiten Tag in Folge Stellungen der Rebellen an. MiG-Kampfflugzeuge hätten die Oppositionshochburg Daraja beschossen. Innerhalb von zwei Tagen seien 23 Menschen getötet worden. Die meisten zivilen Einwohner seien mittlerweile aus der Stadt geflohen. Der regierungsfreundliche Sender al-Echbarija berichtete, die Armee habe damit begonnen, Daraja von Terroristen zu säubern. Mit dem Begriff bezeichnet Assads Führung die Aufständischen, die in der mittlerweile 20 Monate währenden Revolte den Sturz des Präsidenten betreiben.

Auch aus dem Vorort Irbin, der im Osten der Hauptstadt liegt, wurden Gefechte gemeldet. Irbin ist eine von vielen Vorstädten in der al-Ghuta genannten landwirtschaftlichen Region um Damaskus. „Die gesamte östliche Al-Ghuta ist im Grunde befreites Gebiet“, sagte ein Kämpfer in Irbin. Assads Armee habe zwar immer noch eine überlegende Feuerkraft. „Aber die wird ausgehöhlt. Sie kann nicht mehr mit vielen Soldaten vorrücken.“

In den vergangenen Wochen haben Rebellen mehrere wichtige Militär-Stützpunkte vor Damaskus und in anderen Landesteilen erobert. Die Armee konzentriert ihre Schlagkraft vor allem auf die Hauptstadt, um einen Ansturm der Rebellen zu verhindern.

Umfrage: Mehrheit der Deutschen lehnt NATO-Einsatz ab

Nach einer Umfrage stößt ein möglicher NATO-Einsatz in der Türkei bei einer Mehrheit der Deutschen auf Ablehnung. In einer am Mittwoch vom Meinungsforschungsinstitut YouGov veröffentlichten Umfrage sprachen sich 58 Prozent der Befragten gegen einen Bundeswehreinsatz im Rahmen des Syrien-Konflikts aus. Nur knapp jeder Dritte (31 Prozent) befürwortete demnach eine Unterstützung der Türkei durch deutsche Soldaten. Für die Erhebung befragte YouGov von Montag bis Mittwoch insgesamt 1048 Bürger. (rtr/afp/dapd)