Düsseldorf. . Ein Abgeordneter der Piraten wirft anderen Parteien und den Medien vor, den Holocaust für eine Kampagne gegen die Piraten zu instrumentalisieren. Hintergrund sind die Antisemitismus-Vorwürfe gegen Dietmar Schulz. Schulz bat um Entschuldigung für seine jüngsten Twitter-Botschaften zum Thema Israel.
Die Fraktionssitzung der Piraten kam an diesem Thema natürlich nicht vorbei. Im Kreise der Landtagsabgeordneten ging es auch um jenen Spruch, den Dietmar Schulz jüngst via Twitter verbreitet hatte und der ihm jede Menge Kritik einbrachte: „Grotesk: Gedenken der Opfer von Gewaltherrschaft und Krieg auf jüdischem Friedhof während Israel bombt was das Zeug hält.“ Am Dienstag Nachmittag, nach dem Fraktionstreffen, distanzierte sich der Politiker deutlich von seiner Kurzbotschaft:
„Ich habe mich falsch ausgedrückt; hierfür bitte ich um Entschuldigung. Es war schlichtweg nicht meine Absicht und liegt mir überzeugtermaßen fern, Aussagen zu treffen, die auch nur im Entferntesten als anti-semitisch interpretiert werden könnten. Diese Tragweite war mir im Zeitpunkt des Tweets nicht bewusst“, stellte Schulz fest.
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Twitter sei ungeeignet, komplexe Zusammenhänge darzustellen. Schulz: „Mir ist bewusst geworden, dass ich durch meinen Tweet zahlreichen Menschen zu nahe getreten bin. Bei diesen und nicht zuletzt auch bei Landtagspräsidentin Gödecke sowie den Abgeordneten des Parlaments bitte ich hierfür in aller Deutlichkeit um Entschuldigung.“
Doch ganz so glatt scheint die Sitzung in dieser Sache nicht verlaufen zu sein. Von einem Abgeordneten, der „Danebod“ genannt wird – gemeint ist offenbar Hanns-Jörg Rohwedder – wurde über das Sitzungsprotokoll der Piraten folgende Aussage nach außen getragen: „Allerdings ist das was da die Presse und die Antifaschisten von SPD, FDP, Grüne usw. machen eine Unverschämtheit. Sie instrumentalisieren 7 Mio von den Nazis ermordete Juden für eine Kampagne gegen uns, das ist schäbig.“ Und über Dietmar Schulz steht im Protokoll, er denke, dass es sich bei den Reaktionen auf sein Tweet um eine „Kampagne“ handele. Aus seiner Sicht sei das Verhalten des Landtags und offizieller Stellen dazu „unangebracht“gewesen.
Piraten-Abgeordneter soll beim Einkommen schwindeln
Bei den NRW-Piraten brodelt es: Nach dem Twitter-Desaster der Abgeordneten Birgit Rydlewski, die in Kurznachrichten aus ihrem Intimleben berichtete, und den Antisemitismus-Vorwürfen gegen Dietmar Schulz muss sich nun Landtags-Vizepräsident Daniel Düngel gegen Vorwürfe aus den eigenen Reihen wehren. Unzufriedene Piraten aus Oberhausen glauben, Düngel mache falsche Angaben zu seinem Einkommen.
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700 Euro monatliche Kosten für ein Piraten-Wahlkreisbüro in Oberhausen tauchen in einer persönlichen Einnahmen- und Ausgaben-Liste auf, die der Politiker ins Internet gestellt hat. Das Problem: Es gibt dort überhaupt kein Wahlkreisbüro.
Drei Wochen Urlaub in den ersten sechs Monaten
Fragen werfen auch die „Kommunikationskosten“ von 200 Euro im Monat auf. Fraktionskollegin Rydlewski nennt in einer vergleichbaren Liste nur 74 Euro für Telefon und Internet. Schließlich verstehen einige Piraten aus Oberhausen nicht, warum sich Düngel in den ersten sechs Monaten seines Abegordnetenlebens drei Wochen Urlaub gönnte. Der Vorwurf: Ein „normaler“ Arbeitnehmer könne sich nach so kurzer Betriebszugehörigkeit noch keine Auszeit nehmen.
Wie viel Geld dem Landtags-Vize Daniel Düngel (Bezüge: gesamt 13 408 Euro) nach Abzug aller Pflicht-Abzüge für Steuern, Altersvorsorge, Krankenversicherung etc. im Monat zur freien Verfügung bleibt, erscheint einigen Beobachtern unrealistisch. Laut Düngel liegt das ihm verbleibende Einkommen bei rund 3555 Euro. Birgit Rydlewski, die als „einfache Abgeordnete“ rund 2700 Euro weniger verdient als Düngel, errechnet für sich rund 3900 Euro.
Neid unter Piraten?
Daniel Düngel wehrt sich gegen die Attacken aus den eigenen Reihen. Er habe sich nur um Transparenz bemüht. „Es ist nur eine grobe Aufschlüsselung, wie sich meine Bezüge zusammensetzen“, sagte der Politiker dieser Zeitung. Vor einer echten Abrechnung der Einkünfte könne hier gar keine Rede sein.
Düngel bestätigte allerdings, dass es tatsächlich noch kein Wahlkreisbüro der Piraten in Oberhausen gibt. „Ich gehe aber davon aus, dass wir ein Büro zum 1. Dezember oder spätestens zum 1. Januar anmieten werden“.
Für die die drei Wochen Urlaub mit der Familie müsse er sich auch nicht schämen. Düngel: „Wir hatten bisher zwölf sitzungsfreie Wochen. Ich bin mir sicher, dass ich mit den drei Wochen Urlaub weit unter dem Schnitt liege.“ In sitzungsfreien Wochen mache „90 Prozent des Landtages Urlaub“, schreibt Düngel in einem Online-Forum der Piraten.
Dass die Vorwürfe ausgerechnet aus seiner Heimat Oberhausen kommen, irritiert Düngel. „Wir sind dort eigentlich eine ausgeglichene Gruppe und pflegen eine gute Diskussionskultur“, sagt er. Aber offenbar gebe es vor Ort auch einen gewissen „Neidfaktor“.