Düsseldorf. . Weil der Kita-Ausbau nicht schnell genug geht, stimmt der Städte- und Gemeindebund die Eltern auf Abstriche ein. Ein Interview mit dem Hauptgeschäftsführer Bernd Jürgen Schneider.

Ab 2013 haben Eltern Anspruch auf einen Krippenplatz. Aber was ist das wert? Mit dem Hauptgeschäftsführer des NRW-Städte- und Gemeindbundes, Bernd Jürgen Schneider, sprach Wilfried Goebels.

Wie schätzen Sie die Lage beim Ausbau der U3-Betreuung in NRW ein?

Schneider: Die Kommunen haben beim Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige mächtig aufgeholt. Jetzt haben wir landesweit 117 000 Plätze. Das ist vom ersten Ausbauziel von 144 000 Plätzen nicht weit entfernt. In manchen Städten reichen 30 Prozent Abdeckungsquote, in anderen ist mit 50 Prozent der Bedarf nicht gedeckt.

Was müssen Bund und Land NRW denn noch tun, damit die U3-Betreuung ab August 2013 wirklich gesichert ist?

Schneider: Der Bund sollte die Diskussion um Rechtsanspruch und Schadensersatz durch eine Stichtagsregelung entschärfen. Der Rechtsanspruch würde zunächst nur für Zweijährige gelten, bis es überall genügend Betreuungsplätze auch für Einjährige gibt. Außerdem muss der Bund dauerhaft die Betreuung der U3-Kinder mitfinanzieren. Das Land hat durch eine faire Erstattungsregelung seine Hausaufgaben im Wesentlichen gemacht. In den letzten Monaten ist beim Ausbau eine große Dynamik entstanden.

Gibt es überhaupt genug Erzieher?

Schneider: Es fehlt überall Personal. Die Landesregierung sollte mit einer Werbekampagne Erzieher in den Beruf zurückholen oder junge Menschen für eine Ausbildung gewinnen. Dabei sollte man bei der Qualifikation pragmatisch vorgehen. Wenn jemand gut mit Kleinkindern umgehen kann, sollte man nicht nach dem letzten Spezialdiplom fragen.

Wird der Rechtsanspruch ab Sommer 2013 einzulösen sein?

Schneider: Wir werden versuchen, dass für jedes Kind, das eine Betreuung außerhalb der Familie braucht, eine Lösung gefunden wird. Praktisch wird dies immer ein Platz in einer Kita oder Kindertagespflege sein. Kommunen im ländlichen Raum stehen besser da als die Großstädte. Mit Klagen auf Schadensersatz wäre niemandem geholfen. Dies wäre nur ein teurer Umweg zum Ziel – Betreuung für das Kind.

Wie könnte man drohende Engpässe in der Betreuung vermeiden?

Schneider: Es ist klar, dass nicht überall zum 1.August 2013 so viele Betreuungsplätze vorhanden sind, wie gebraucht werden. Hier benötigen wir die Bereitschaft und die rechtliche Absicherung für flexible Lösungen. So könnte es möglich sein, für begrenzte Zeit mehr Kinder in einer Gruppe zu betreuen. Auch sollte man bei den Anforderungen an Räume befristet Abstriche machen können.