Gaza. . Im Konflikt zwischen Israel und der Hamas läuft offenbar alles auf eine israelische Bodenoffensive hinaus. Israel mobilisiert derzeit 75.000 Reservisten und hat Panzer im Grenzgebiet stationiert. Alleine in der Nacht zu diesem Samstag wurden 180 Luftangriffe auf Ziele im Gazastreifen gefolgen.

Dauerfeuer im Nahostkonflikt: Seit Beginn der israelischen Offensive am Mittwoch haben die Streitkräfte nach eigenen Angaben mehr als 800 Ziele im Gazastreifen getroffen. Allein in der Nacht zum Samstag seien mehr 180 Luftangriffe geflogen worden, erklärte das Militär am Morgen. Ins Visier genommen wurden Regierungsgebäude, Einrichtungen der Polizei und Schmugglertunnel. Aus dem Gazastreifen wurden seit Mittwoch mehr als 500 Raketen auf Israel abgefeuert und dabei erstmals auch auf Jerusalem und Tel Aviv gezielt.

In der Grenzregion zog das israelische Heer immer mehr Soldaten zusammen, was auf eine bevorstehende Bodenoffensive hindeutete. Im Dezember 2008 hatte Israel das letzte Mal Bodentruppen gegen die militante Hamas im Gazastreifen eingesetzt. International richteten sich Hoffnungen auf den ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi, auf die Konfliktparteien einzuwirken. Auch US-Präsident Barack Obama telefonierte am Freitag mit Mursi. Seit Mittwoch kamen auf palästinensischer Seite mindestens 35 Menschen ums Leben, darunter 13 Zivilisten. Israel beklagte den Tod von drei Bürgern.

Ägyptischer Präsident soll Einfluss auf Hamas ausüben

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appellierte am Freitag am Rande der Regierungskonsultationen in Moskau an die ägyptische Führung, "den Einfluss auf die Hamas geltend zu machen, damit es zu keiner weiteren Eskalation kommt". Verantwortlich für die jüngste Gewalt sei die Hamas mit ihren Raketenangriffen. "Es gibt für diese Gewalt keinerlei Rechtfertigung, zumal die israelische Zivilbevölkerung massiv betroffen ist", sagte die Kanzlerin.

Unterdessen kündigte der israelische Außenminister Avigdor Lieberman Vergeltung für die anhaltenden Raketenangriffe an und schloss selbst eine gezielte Tötung von Ministerpräsident Ismail Hanijeh nicht aus. "Jedes Mal, wenn die Hamas schießt, wird die Antwort noch heftiger ausfallen", sagte er dem Fernsehsender Channel 2. "Ich rate der gesamten Hamas-Führung, uns nicht auf die Probe zu stellen (...) Keiner dort ist unantastbar - weder Hanijeh noch sonst irgendjemand."

Israel beruft 75.000 Reservisten ein

Das israelische Sicherheitskabinett in Jerusalem genehmigte am späten Freitagabend laut örtlichen Medien die Mobilisierung von 75.000 Reservisten für eine mögliche Bodenoffensive im Gazastreifen. 16.000 Reservisten seien bereits einberufen worden, sagte Militärsprecherin Oberstleutnant Avital Leibovich. Weitere würden bald folgen. Über eine Bodenoffensive sei noch nicht entschieden worden, aber alle Optionen lägen auf dem Tisch, sagte sie.

In der Nacht zum Samstag erschütterte eine gewaltige Explosion das Hauptquartier der Polizei in Gaza. Auch das Haus eines Hamas-Kommandeurs wurde getroffen. Krankenwagen brachten Verletzte vom Ort der Detonation weg. Nach Angaben des Innenministeriums schlugen weitere Raketen in einem Regierungsgebäude und mehreren kleineren Stützpunkten der Sicherheitskräfte der Hamas ein. Zudem sei bei einem Luftangriff eine Moschee zerstört worden, teilten die Behörden im Gazastreifen mit. Im Süden des Gazastreifens standen nach Angaben des örtlichen Stromversorgers mehr als 400.000 Menschen ohne Elektrizität da, weil Geschosse Umspannwerke trafen.

Hamas gibt sich unversöhnlich

"Die palästinensische Regierung unterstreicht ihre Standfestigkeit und ihre Unterstützung für den palästinensischen Widerstand", schrieb Regierungssprecher Ihab Hussein am Samstagmorgen in einer Nachricht an Journalisten. "Sie steht an der Seite des Volkes, das dieser Aggression ausgesetzt ist." Nachdem am Freitag den zweiten Tag in Folge Raketen auf die Metropole Tel Aviv abgefeuert wurden, sagte der Sprecher des militärischen Arms der regierenden Hamas, Abu Obeida: "Die Botschaft ist kurz und einfach: Es gibt keine Sicherheit für die Zionisten (..) und wir planen mehr Überraschungen." Ausgelöst worden war die israelische Offensive durch fortdauernden Beschuss aus dem Gazastreifen.

Der eskalierende Konflikt im Nahen Osten ist am Samstag auch im Internet ausgetragen worden. Unbekannte Aktivisten hätten mehrere israelische Websites gehackt, berichtete die Zeitung "Haaretz" auf ihrer Internetseite. Auf der Homepage der Partei Kadima war unter der Überschrift "Gehackt" eine Person mit einer Guy-Fawkes-Maske des Hackerkollektivs Anonymous vor einer palästinensischen Flagge zu sehen. Zudem wurde ein Video von dem Angriff auf die israelische Ortschaft Kirjat Malachi gepostet, bei dem am Donnerstag drei Menschen getötet worden waren.(dapd)