Jerusalem, die Heilige Stadt, religiöses Herz für Juden, Christen und Muslime, im Visier der palästinensischen Fanatiker? Man möchte an einen Irrtum glauben. Der Felsendom, jener Ort, der den gläubigen Muslimen so wichtig ist wie den Christen die Grabeskirche, liegt ­genau über der Klagemauer der ­Juden. Die Altstadt, die alle Heilig­tümer vereint, ist klein und verwinkelt. Wer die Stadt trifft, trifft alle.

Doch Krieg ist das Ende aller ­Logik, Krieg ist Verzweiflung und Verzweiflung ist irrational.

Und Krieg setzt auf die Demonstration von Macht. Es sollte die ­Überlegenheit Israels demonstrieren, als die Armee das Video des „chirurgischen Militärschlags“ ins Internet stellte. Es zeigt, wie eine ­israelische Rakete den Militärchef der Hamas tötet, der mit seinem Auto durch Gaza-Stadt fuhr. „Wir kriegen euch alle“, lautete die ­Botschaft an die Hamas.

Die Raketen Richtung Tel Aviv sind von eben dieser Bedeutung. Es ist die Lebensfreude und Unbeschwertheit dieser Metropole, die getroffen werden soll. Und Jerusalem ist nicht nur heilig, sondern zudem Sitz der israelischen Regierung.

Auch wenn die Raketen ihre Ziele bei weitem verfehlten, die Hamas macht mit den Angriffen klar, dass sie nicht beigeben wird und erfährt dafür Zuspruch in der arabischen Welt, die sich durch den arabischen Frühling völlig neu sortiert hat. ­Diktatoren wie Mubarak in Ägypten, die die israelfeindliche Stimmung im Volk notfalls auch schon mal niederknüppeln ließen, sind Geschichte. Der neue ägyptische Präsident Mursi muss Rücksicht nehmen.

Die Region war schon vor dem ­Gaza-Konflikt extrem instabil. Und so könnte sich Netanjahus Versuch, die Hamas mit militärischer Gewalt zu bezwingen und sie vielleicht ­sogar von der Macht im Gazastreifen zu vertreiben, als Fehl­schlag erweisen.

Die Beteuerungen der Freunde aus Europa und den Vereinigten Staaten, Israel habe das Recht, sich selbst zu vertei­digen, klingen pflichtschuldig. Die Sorgen vor einer Eskalation des Kriegs hingegen sind echt.