Berlin. Der Bundesrechnungshof hat teils massive Verschwendungsfälle von Ministerien und Behörden des Bundes angeprangert - der Schaden für den Steuerzahler geht in die Milliarden, Sorgen machen vor allem Bundeswehr und Bauministerium. Für den Bundeshaushalt forderten die Prüfer einen strengeren Sparkurs.
Manchmal herrsche in den Behörden nur Nachlässigkeit, mitunter handele es sich aber auch um Täuschung, sagte Rechnungshof-Präsident Dieter Engels bei der Vorlage des Prüfberichts 2012. Eines der alarmierendsten Ergebnisse: Bei der Bearbeitung von Anträgen etwa auf Bafög, Wohngeld oder Elterngeld kommt es zu dramatisch hohen Fehlerquoten.
Bei Stichproben sei mitunter jeder dritte Bescheid fehlerhaft gewesen - teils zu Lasten des Staates, teils auch zu Lasten der Betroffenen. Verantwortlich seien Bewilligungsstellen der Länder, der Bund müsse seine Kontrolle verstärken. Auch bei den Steuerbehörden gibt es weiter Kontrolldefizite. Weitere Beanstandungen in Auszügen:
Bundeswehr gibt Millionenbeträge für eigene Herstellung von Sonnencreme aus
Über eine Million Euro hat die Bundeswehr schon für ein verfehltes Luftkissenboot-Projekt in den Sand gesetzt. 65 amphibische Fahrzeuge für 20 Millionen Euro sollten angeschafft werden, doch erst blieben Versuche mit zwei Prototypen erfolglos - dann orderte die Truppe ein drittes Modell aus Australien bei einem in Bootstechnik völlig unerfahrenen Gebrauchtwagenhändler.
Als dieses Fahrzeug bei der Probefahrt liegen blieb, trat die Bundeswehr zwar vom Vertrag zurück, sie sucht aber weiter nach Lösungen. Der Rechnungshof dagegen fordert das Aus: Die Anschaffung sei "weder geeignet noch notwendig."
Die größten Sünden der Verschwendung
Jährlich einen Millionenbetrag hat die Bundeswehr für die Eigenherstellung von medizinischen Produkten wie Sonnencreme, Lippenschutzstiften oder Hustentropfen verschwendet, allein für 20 Millionen Euro wurde eine eigene Apotheke gebaut. Dabei könnten die meisten Produkte billiger im Handel gekauft werden.
Das Einsparvolumen des Bundes liegt bei etwa 7 Milliarden Euro
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig hat 1800 Mitarbeiter - aber 4350 Personalcomputer. Viel zu viel, sagt der Rechnungshof. Warum auf jeden Mitarbeiter drei Rechner kommen, habe die Behörde nicht schlüssig begründen können. Der Bund müsse strenger kontrollieren. Auch in anderen Behörden gebe es teure Defizite im Umgang mit Informationstechnik.
Ein Millionen-Grab ist der Neubau des Umweltbundesamtes in Dessau. Als Modell für Ökobau sollte es die Energiekosten massiv senken - stattdessen sind die Betriebskosten jetzt um 50 Prozent höher als bei herkömmlichen Verwaltungsgebäuden.
Teile des milliardenschweren Konjunkturpakets bis 2011 haben ihre Wirkung verfehlt - so verpuffte ein Gebäudesanierungsprogramm, weil die Mittel nicht schnell genug abflossen und auch ohnehin geplante Maßnahmen gefördert wurden.
Allein bei den vom Rechnungshof aufgedeckten Fällen geht es um rund 1,5 Milliarden Euro, das Volumen der Einsparvorschläge liegt bei etwa 7 Milliarden Euro.
Rechnungshof drängt schwarz-gelbe Koalition zu strengerem Sparkurs
Allerdings: Im Vergleich zu den neunziger Jahren habe die Verschwendung abgenommen, die öffentliche Finanznot habe Folgen, sagte Engels. Und: Im europäischen Vergleich habe Deutschland "einen gut funktionierenden Staatsapparat."
Erneut drängte der Rechnungshof die schwarz-gelbe Koalition auch zu einem strengeren Sparkurs. Die bisherigen Pläne der Regierung zum Abbau der Neuverschuldung basierten auf stabiler Konjunktur, niedrigen Zinsen und weiter steigenden Steuereinnahmen - wenn sich die Annahmen nicht erfüllten, kämen auf den Haushalt höhere Lasten zu. Und Risiken gebe es auch durch die Euro-Rettungsmaßnahmen. Daher müsse die Regierung stärker sparen und ihre eigenen Konsolidierungsbeschlüsse von 2010 endlich vollständig umsetzen.