Bonn/Essen. . Beim Bund werden Beträge in dreistelliger Millionenhöhe verschleudert. Der Bundesrechnungshof hat nun acht Fälle aufgelistet. Die Spanne der Beispiele reicht von fürstlichen Geschäftsführergehältern bis zu überflüssigen Autobahnanschlussstellen.
Das klingt ziemlich trocken und bürokratisch: Der Bundesrechnungshof fahndet regelmäßig nach „Fehlentwicklungen und unwirtschaftlichem Verhalten in der Bundesverwaltung“. Und regelmäßig wird er fündig. Beim Bund werden Beträge in dreistelliger Millionenhöhe verschleudert. Am heutigen Dienstag hat der Rechnungshof neue Beispiele vorgestellt – und solche, bei denen all seine Mahnungen nicht gefruchtet haben.
Teure Familienkassen
Die Familienkassen, die für die Auszahlung des Kindergeldes zuständig sind, sind für den Rechnungshof ein leidiges Thema: 8500 gab es im Jahr 2010. Nach Meinung der Rechnungsprüfer würde eine einzige ausreichen. Das zuständige Bundesfinanzministerium wollte die Zahl eigentlich schon bis 2007 von 16 400 auf 120 senken – und riss die eigene Messlatte deutlich. Der Rechnungshof schätzt das ungenutzte Einsparpotenzial auf 170 Millionen Euro pro Jahr. Und was erschwerend hinzu kommt: Auf Grund der vielen Kassen öffnen sich zahlreiche Chancen zum Missbrauch. Für viele Kinder wurde in der Vergangenheit oft doppelt gezahlt.
Ineffektiver Autobahnausbau
In Niedersachsen soll die Bundesautobahn A7 ausgebaut werden. Von vier auf sechs Streifen. Auf über 42 Kilometern Länge ist die A7 marode. Die Renovierung soll im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft realisiert werden. Doch das dauert – wegen nötiger Genehmigungen. Würde der Bund das Projekt selbst umsetzen, könnte er früher starten und damit Reparaturkosten in Höhe von bis zu 25 Millionen Euro sparen.
IKK-Geschäftsführer verdient 10.000 Euro - für vier Arbeitstage
Der Geschäftsführer des ehemaligen IKK Bundesverbands kassiert ein Monatsgehalt von 10.000 Euro, plus Nebenkostenpauschale von 1000 Euro. Und das für vier Arbeitstage, die sich der Geschäftsführer auch noch selbst einteilen kann, so der Bundesrechnungshof. Stellt sich die Frage, was der Geschäftsführer überhaupt macht, denn der IKK Bundesverband soll zum Jahresende aufgelöst werden. Damit nicht genug. Für die wenigen Tätigkeiten hat der Geschäftsführer eine Anwaltskanzlei beauftragt. Die kassiert 15.000 Euro pro Monat. Überraschung: Es ist seine eigene Anwaltskanzlei, so der Rechnungshof.
Unzulässige Sponsoring-Vereinbarungen
Der Verband der privaten Krankenversicherungen finanziert mit 13,4 Millionen Euro pro Jahr Kampagnen zur Präventionen von HIV/Aids und Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen. Nun bereitet das Bundesgesundheitsministerium ein Gesetz zur Präventionspflicht vor, das auch für die privaten Krankenkassen gelten könnte. An dieser Stelle drohten die privaten Krankenversicherungen, das Sponsoring einzustellen, falls sie in die Pflicht einbezogen würden. Dennoch verlängerte das Gesundheitsministerium die Sponsoringvereinbarung. Der Rechnungshof wittert, dass die Krankenkassen Einfluss auf die Kernaufgabe des Ministeriums nehmen wollen.
Verlustreiche Reha-Kliniken
Die Deutsche Rentenversicherung Nord pumpte jahrelang Millionen von Euro in den Bau von zwei Reha-Kliniken, ohne überhaupt zu wissen, ob sich die Kliniken auch rechnen. Das Resultat kann kaum verwundern: Pro Jahr häufen die Kliniken Verluste von knapp einer Million Euro an.
Steuerausfälle durch die liberianische Flagge
Was hat die liberianische Flagge mit deutschen Steuern zu tun? Ganz einfach: Fahren Schiffe unter der Flagge des afrikanischen Landes, fällt für das Bordpersonal keine Einkommenssteuer an. Kein Wunder, dass deutsche Unternehmen ihre Schiffe zunehmen „ausflaggen“. Seit 2003 hat sich ihre Zahl vervierfacht. Höhe des Steuerausfalls: rund 25 Millionen Euro. Der Rechnungshof fordert, diese Besteuerungslücke zu schließen.
Kostspielige Gebühren
Der Bund erhebt an vielen Stellen Gebühren. Das Widersinnige: Sehr oft decken die Gebühren gar nicht die Kosten. Als Gründe nennt der Bundesrechnungshof fehlende oder veraltete Vorschriften. Rund 30 Millionen Euro gehen der Bundeskasse auf diese Weise flöten.
Überflüssiger Autobahnanschluss
Gerade mal 2,7 Kilometer liegen zwei geplante Autobahnanschlussstellen auf der künftigen A14 zwischen Magdeburg und Schwerin auseinander. Der Bundesrechnungshof würde die südliche von beiden ersatzlos streichen. Das Verkehrsaufkommen für zwei Auf- und Abfahrten sei viel zu schwach. Einsparpotenzial: 2,7 Millionen Euro. Tobias Bolsmann