Berlin/München. Der Eklat um die versuchte Einflussnahme auf die ZDF-Nachrichten ist mit dem Rücktritt des CSU-Sprechers Hans Michael Strepp nach Ansicht der Opposition nicht beendet. Die Frage sei, ob Strepp auf Weisung gehandelt hat. Befugt wären Parteichef Seehofer oder Generalsekretär Dobrindt.

Der zurückgetretene CSU-Sprecher Hans Michael Strepp ist nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Frank Walter Steinmeier ein „Bauernopfer“. Ministerpräsident „Horst Seehofer will den Blick in den Sumpf verhindern, sagte Steinmeier der „Passauer Neuen Presse“. „Die bayerische CSU hat ein Problem mit Demokratie und Meinungsfreiheit.“ Er vermutet, dass Strepp nicht auf eigene Faust gehandelt habe.

„Niemand glaubt, dass ein Parteisprecher so etwas ohne Kenntnis derjenigen macht, für die er spricht“, sagte Steinmeier. „Jetzt muss ans Tageslicht, welche Praktiken in der bayerischen CSU üblich sind und wer wo Einfluss auf öffentlich-rechtliche Medien nimmt“, verlangte der SPD-Politiker.

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte, dass der Fall „aufgeklärt“ werden müsse. Er erwarte von Seehofer eine „öffentliche Entschuldigung“, sagte Gabriel der Zeitung. Seehofer sei „für ein Klima verantwortlich, in dem Spitzenmitarbeiter meinen, solche Aktionen starten zu können“.

Anruf in der ZDF-Redaktion von Strepp

Strepp hatte am Sonntag in der Redaktion der ZDF-Nachrichtensendung „heute“ angerufen, wie CSU und ZDF bestätigen. Dabei ging es um die Berichterstattung des Senders über die Wahl des Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl. Umstritten ist aber der Inhalt des Telefonats. Strepp bestritt in seinen Erklärungen jeden Versuch der Einflussnahme.

Auch die Grünen sehen mit dem Rücktritt des CSU-Sprechers die Affäre für Parteichef Horst Seehofer noch nicht ausgestanden. „Der Anruf beim ZDF ist nur die Spitze des Eisberges“, sagte Künast der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Die Berichte über Fälle von Einflussnahme auf den Bayerischen Rundfunk durch die CSU sind sattsam bekannt.“

Künast sagte, sie gehe davon aus, dass der Sprecher nicht im Alleingang gehandelt hat. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Herr Strepp von sich aus die Unverfrorenheit besitzt, mit dieser Intention bei einem Sender wie dem ZDF anzurufen, um eine bestimmte Berichterstattung zu verhindern“, sagte sie. „Ich will wissen, ob es einen Auftrag gab oder ob das in Bayern Methode ist.“

„Spitze des Eisbergs“ bei der CSU mit Seehofer

Für die Grünen steht das Thema Pressefreiheit auch nach dem Rücktritt von CSU-Sprecher Hans Michael Strepp noch auf der Tagesordnung. „Der Anruf beim ZDF ist nur die Spitze des Eisberges“, sagte die Grünen-Bundestagsfraktionsvorsitzende Renate Künast am Freitag. ZDF-Chefredakteur Peter Frey sagte, er habe Strepp zunächst anders kennengelernt als bei der versuchten Einflussnahme auf die Berichterstattung seines Senders.

Strepp hatte am Sonntag in der „heute“-Redaktion des ZDF angerufen und dem Sender zufolge versucht, einen Bericht in der Hauptnachrichtensendung um 19 Uhr über den Landesparteitag der bayerischen SPD in Nürnberg und die Nominierung von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude zum SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2013 zu verhindern. Strepp hat diese Darstellung bestritten. Dennoch bat er Seehofer am Donnerstag um seine Entlassung.

ZDF - Verhalten war untypisch für Strepp

ZDF-Chefredakteur Peter Frey sagte, er habe Strepp zunächst anders kennengelernt. Der Anruf in der „heute“-Redaktion passe nicht zu dem Bild, das man von Strepp gehabt habe, den man „nicht besonders drängend kennengelernt“ habe. Der Anruf und auch SMS-Nachrichten von Strepp an ZDF und ARD seien aber der „eindeutige Versuch“ gewesen, die Berichterstattung zu beeinflussen. Eine solch direkte Intervention habe man viele Jahre lang nicht erlebt. (dapd/afp)