München. Ein klarer Fall von „Zu früh gefreut“: Noch am Wochenende jubelte die CSU über prima Wahlumfragen und ihren gelungenen Parteitag. Jetzt rappelt es im Partei-Karton. Und Pressesprecher Hans Michael Strepp musste abtreten. Was ein dummes Telefonat so anrichten kann!
Der Name Hans Michael Strepp war bis bis Mittwoch in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Hauptsächlich Journalisten, die sich beruflich mit der CSU beschäftigen, kannten den Pressesprecher der Partei. Und die meisten Medienvertreter schätzten und schätzen Strepp als verlässlich, stets erreichbar und bestens informiert. Nun fragen sich alle: Was ist in diesen Mann gefahren? Dabei setzte Strepp mit seinem ominösen Anruf bei der „heute“-Redaktion des ZDF, der ihn jetzt den Job kostete, nur eine lange bayerische Tradition fort.
Franz-Josef Strauß, Ur-Bayer und lange Jahre uneingeschränkter Herrscher über das Land der Bayern, galt in den 70er- und 80er-Jahren als Virtuose im Umgang mit der Presse. Allerdings beherrschte der damalige Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende die subtile Art der Einflussnahme weitaus virtuoser als heute Hans Michael Strepp. Altgediente Journalisten erzählen noch heute – nicht ganz ohne Sympathie – von Einladungen zu Abendessen mit Strauß, bei denen der Polit-Rabauke zum Gentleman mutierte und mit viel Charme versuchte, kritische Journalisten auf seine Seite zu ziehen.
Ex-CSU-Chef Strauß ließ Kabarettsendung gegen Tierfilm austauschen
Aber: Wenn es gar nicht anders ging, griff auch Strauß gleichsam zum Knüppel. So war es die CSU, die in den 80er-Jahren den bayrischen Rundfunk anwies, eine Ausgabe der Satire-Sendung „Scheibenwischer“, bei der Dieter Hildebrandt und andere Kabarettisten scharf gegen die CSU schossen, zu boykottieren und stattdessen einen Tierfilm zu senden.
Nun also Hans Michael Strepp. Dem 44-Jährigen war offenbar sehr daran gelegen, dass die ZDF-Berichterstattung über den Parteitag der bayerischen SPD nicht allzu viel Platz einnehmen sollte. Eines muss man Strepp jedenfalls zugestehen: Er hat alles gegeben. Denn das ZDF schildert die Ereignisse wie folgt: Schon frühmorgens schickte Strepp eine SMS an den Chef des ZDF-Landesstudios in München, um Informationen über die geplante SPD-Berichterstattung zu bekommen. Es folgte ein Telefonat mit dem Journalisten und danach eine weitere SMS Strepps, diesmal an die ZDF-Nachrichtenredaktion. Als dies nichts fruchtete, rief er direkt in der „heute“-Redaktion an und drohte mit „Diskussionen“, falls es zu einer Berichterstattung über die SPD und ihren Spitzenkandidaten Christian Ude komme.
Handelte CSU-Sprecher Strepp in eigener Sache?
Wenn Strepp nun darauf beharrt, er habe keinen Einfluss auf die TV-Berichte nehmen wollen, dann klingt das wenig glaubhaft. Warum all die Telefonate und Kurzmeldungen, wenn er nichts damit erreichen wollte? Ging es nur darum zu wissen, was das ZDF über die SPD bringt, hätte er sich ja in Ruhe abends die Nachrichten angucken können.
Nun ist zumindest die Frage erlaubt, ob Strepp aus eigenem Antrieb handelte (was Medienvertreter, die ihn kennen, für unwahrscheinlich halten), oder telefonierte der Mann im Auftrag von „ganz oben“. CSU-Chef Horst Seehofer weist diese Vermutung rigoros zurück. Doch der Verdacht bleibt und könnte dem Ministerpräsidenten, der im nächsten Jahr wiedergewählt werden will, böse einen Strich durch die Rechnung machen.
Nach dem Anruf war Strepp nicht zu halten - nicht einmal in Bayern
Klar ist allein: Strepp musste nach der Anruf-Affäre gehen. Alles andere wäre selbst in Bayern nicht mehr vermittelbar gewesen. Strepp wird wahrscheinlich wieder als Beamter arbeiten. Der promovierte Jurist war bis zum Start seiner politischen Karriere Staatsanwalt und Richter. Seine Doktorarbeit, die er an der Münchner Universität fertigte, trägt den Titel: "Irreführung und Verwechslungsgefahr: Einige dogmatische Aspekte des Verhältnisses von Wettbewerbs- und Markenrecht."