Berlin. . Nach der Enttarnung der Neonazi-Zelle NSU leben noch zahlreiche gefährliche Rechtsextremisten im Untergrund. Das erklärte Bundesinnenminister Friedrich am Wochenende in einem Medienbericht. Laut Friedrich würden mehr als 100 Rechtsextreme polizeilich gesucht.
In Deutschland leben derzeit auch nach der Enttarnung der rechtsextremen Terrorzelle NSU noch mehr als hundert Rechtsextremisten im Untergrund. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte der Zeitung "Welt am Sonntag", derzeit gehe das Bundeskriminalamt mit Stand Mitte September von "zuletzt 110 mit offenen Haftbefehlen untergetauchten Rechtsextremisten" aus. Durch erfolgte Verhaftungen und neue Haftbefehle könne sich die Zahl mittlerweile aber verändert haben.
Sein Ministerium habe die Länder nach offenen Haftbefehlen abgefragt und diese Zahlen würden nun halbjährlich aktualisiert. Allerdings melde die Justiz nicht, was mit den Verdächtigen nach den Prozessen passiere, sagte Friedrich der "Welt am Sonntag". "Hier müssen wir die Kommunikation verbessern." Um einen "starken Verfassungsschutz" zu garantieren, sei außerdem die "maximale Kommunikation" der Landesämter für Verfassungsschutz mit dem Bundesamt sein wichtigster Ansatz, sagte Friedrich. Dazu gehöre auch eine gute Kommunikation zwischen der Kriminalpolizei und den Nachrichtendiensten.
Im Zuge der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) war auch heftige Kritik an den Behörden geäußert worden. Der Terrorzelle werden die Morde an neun Migranten und einer Polizistin zur Last gelegt.
Friedrich rechnet in NPD-Verbotsverfahren mit neuer Debatte über V-Leute
Im Fall eines NPD-Verbotverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht rechnet Friedrich mit juristischen Auseinandersetzungen über V-Leute des Verfassungsschutzes. "Selbstverständlich wird die NPD vor Gericht behaupten, dass die Angaben von V-Leuten stammen. Da müssen wir gegenhalten", sagte Friedrich in dem Zeitungsbericht. Das erste Verfahren scheiterte 2003 vor dem Verfassungsgericht, weil zahlreiche V-Leute in den Führungsebenen der NPD tätig waren.
Auf die Frage, ob er das dieses Mal sicher ausschließen könne, antwortete der Minister: "Das habe ich mit den Länder-Innenministern vereinbart. Unsere Materialsammlung stammt aus offen zugänglichen Quellen." In den nächsten Wochen müsse man aber erst einmal mehr als 1.000 Seiten des Beweismaterials, das gegen die NPD gesammelt wurde, sorgfältig bewerten. "Es wäre töricht, den zweiten vor dem ersten Schritt zu gehen", sagte Friedrich.
In der Debatte, einen Verbotsantrag über den Bundesrat auf den Weg zu bringen, mahnte Friedrich zur Vorsicht: "Auch die Länder wollen mit Sicherheit keinen Verbotsantrag um jeden Preis. Das Verfahren hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn man die aggressiv-kämpferische Grundhaltung der NPD gegen unseren Staat belegen kann; da sind wir uns, glaube ich, einig." (afp/dapd)